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CD JÓSEF KOZLOWSKI: REQUIEM in es-moll; Edition Hans Graf 2023; Pentatone

23.05.2024 | cd

CD JÓSEF KOZLOWSKI: REQUIEM in es-moll; Edition Hans Graf 2023; Pentatone

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Die Ähnlichkeiten sind nicht zu überhören: Sieben Jahre nach Mozarts „Requiem“ geschrieben, ist die Musik des seiner Muttersprache nach polnischen Komponisten klar im Fahrwasser des berühmtesten Requiems der Musikgeschichte entstanden. Den größten Teil seines schöpferischen Lebens verbrachte Kozlowski in St. Petersburg, wo er neben Verwaltungsfunktionen u.a. einen Marsch komponierte, den Tchaikovsky in seiner Oper „Pique Dame“ zitierte. Als Musiker an den russischen Zarenhof assoziiert, schrieb er volkstümliche Polonaisen, Opern, Sakralmusik, Kantaten Lieder und Tanzmusik für Bälle.

Den Auftrag zur „Missa pro defunctis“ in es-moll (=vorliegendes „Requiem“) erhielt er 1798 vom zwangsweisen abgedankten und faktischen Gefangenen des russischen Zaren, dem eh. polnischen König und Großherzog von Litauen Stanisław August Poniatowsk. Nach dem tödlichen Schlaganfall im Februar 1798 des Requiem-Bestellers Stanislaw erklang die zwölfteilige Totenmusik erstmals zu dessen Beisetzung in der katholischen Kirche der heiligen Katharina am Newski-Prospekt in St. Petersburg. 1825 gab es eine weitere Aufführung anlässlich des Begräbnisses von Zar Alexander I. Aus diesem Anlass nahm der Komponist Änderungen bei der Instrumentierung und den Chören vor.

Dirigent Hans Graf, Musikdirektor des Singapur Symphony Orchestras, der die Partitur für die vorliegende Aufnahme u.a. nach einer in St. Petersburg befindlichen Kopie der Partitur und des Klavierauszuges einrichtete, stützt sich auf die frühere Version von 1798. Die Aufführungsgeschichte ist mit der damals alles lähmenden Pandemie verbunden, als das für 2020/21 vorgesehene Konzert nicht stattfinden konnte und der ursprünglich für die musikalische Leitung vorgesehene russische Dirigent Alexander Vedernikov 2020 den Komplikationen seiner Covid-Erkrankung erlag.

Die vorliegende Aufnahme entstand im April 2023 in der Esplanade Concert Hall in Singapore. Sie ist, insbesondere was Chor und Orchester anlangt, von einer der klassischen Stilistik kongruent differenzierenden Interpretation und hörbar mit Herzblut musiziert. Leider enttäuscht das Solistenquartett. Insbesondere die unruhig ausgeführten, vibratosatten Basssoli, aber auch einige im Ungefähren angesteuerte Töne und Portamenti von Olga Peretyatko (Sopran) und Olesya Petrova (Mezzosopran), die vielleicht zu veristischen Opern, aber keinesfalls zu einer Messe Ende des 18. Jahrhunderts passen, trüben den Hörgenuss.

Schade, denn gerade, was die von Eudenice Palaruan bzw. Wong Lai Foon vorzüglich einstudierten Chöre (Singapore Symphony Chorus, Singapore Symphony Youth Choir) an wunderschönen Mischklängen, Disziplin und Ensemblegeist einbringen, ist große Klasse. Das mit russischen Anklängen gefärbte, aber klar der Wiener Klassik zuzurechnende „Requiem“ bietet genügend Reizvolles, das sich zu hören lohnt.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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