CD Johannes Brahms: Symphonien Nr. 3 und 4, Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Paavo Järvi, RCA
Gute Zeiten für Brahms: Hat der lockenköpfige Charismatiker Robin Ticciati als Krönung seiner Cheffunktion beim Scottish Chamber Orchestra einen sensationell luftigen, kammermusikalischen Brahms Zyklus bei Linn Records vorgelegt, so stehen die „Bremer“ diesem Erlebnis nun mit dem dritten und letzten Teil der Gesamtaufnahme aller Symphonien und Ouvertüren künstlerisch nur wenig nach.
Paavo Järvi betont das bewegliche Fluidum, das schöpferisch-naturhafte dieser beiden 1883 und 1884/85 entstandenen symphonischen Meisterstücke. Die 15-jährige Zusammenarbeit des estnischen Dirigenten mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen trägt reife Früchte, wie das schon anlässlich des Beethoven-Zyklus zu konstatieren war. Das Allegro brio der dritten Symphonie wird bei aller durchdachten Klangregie ein kerniges Bubenstück an vorwärtsdrängender Energie, neugieriger Erkundung eines sprudelnden musikalischen Flusslaufs. Keine dunklen Klangballungen sind hier künstlerisches Manifest. So jugendlich und unbeschwert bei stetem Wissen um die Kapriolen des Schicksals ist Brahms nicht allzu oft zu hören.
Atmosphärische Variationen im schmucken symphonischen Kleid: Järvi setzt auf romantische Klangtableaus, Mischklang, raffiniert gezeichnet und erzählerisch dicht. Er lässt der Musik ihr lyrisch poetisches Geheimnis, seine Lesart scheint bodenständiger als diejenige Ticciatis. Das klangschön auf modernen Instrumenten aufspielende Orchester hat nun auch Brahms-Vorzeigealben anzubieten.
Dr. Ingobert Waltenberger