Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

CD: JEAN BAPTISTE LULLY: DIES IRAE / O LACHRYMAE / DE PROFUNDIS – Les Épopées, Stéphane Fuget

21.02.2021 | cd

CD: JEAN BAPTISTE LULLY: DIES IRAE / O LACHRYMAE / DE PROFUNDIS – Les Épopées, Stéphane Fuget

Bildergebnis für CD: JEAN BAPTISTE LULLY: DIES IRAE / O LACHRYMAE / DE PROFUNDIS – Les Épopées, Stéphane Fuget

(Collection GRANDS MOTETS No 1)

Nähe und Unmittelbarkeit

Nach dem Label Naxos in den Jahren 1999 und 2000 (Le Concert Spirituel unter Hervé Niquet) bringt nun das Label Château de Versailles Spectacles eine Gesamtaufnahme von Lullys in der Schlosskapelle von Versailles aufgezeichneten Grands Motets heraus. Es spielt das Ensemble Les Épopées, das auf die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts spezialisierte Orchestra in Residence in Versailles, und es singen der Chor und Chorsolisten von Les Épopées. Die musikalische Leitung hat Stéphane Fuget.

Der am 28. November 1632 als Giovanni Battista Lulli geborene Komponist kam bereits als Vierzehnjähriger nach Frankreich an den Hof von Ludwig XIV. Lully schloss in den folgenden Jahren Freundschaft mit Ludwig XIV. und machte am Hof Karriere. 1661 wurde Lully «Surintendant de la musique du roi» und «Maître de musique de la chambre». 1672 erhielt er von Ludwig XIV. das Patent Opern aufzuführen. Konkurrenten wie zum Beispiel Marc-Antoine Charpentier (1643-1704) waren damit ausgeschaltet und Lully setzte in Zusammenarbeit mit Philippe Quinault die Entwicklung der «Tragédie lyrique» fort. Auch im Bereich der geistlichen Musik setzte Lully mit seinem französischen Stil, der bis zur Revolution bestimmend wurde, Massstäbe. Gott und den König setzte nicht nur er in der Prachtentfaltung gleich. In den letzten beiden Jahrzehnten herrschte Lully so uneingeschränkt über das französische Musikleben.

Die Motetten «Dies irae» und «De profundis» entstanden aus Anlass des Todes von Ludwigs Frau Maria Teresa von Spanien am 30. Juli 1683. Das «Dies irae» erklang nach der Totenmesse und vor dem «De profundis». «O lachrymae» ist die vierte von Lullys zwölf grossen Motetten und dürfte 1664 entstanden sein. Der Text stammt vom französischen Dichter Pierre Perrin (1620-1675). 1669 erhielt Perrin mit seinen Geschäftspartnern Alexandre de Rieux, Marquis de Sourdéac und Laurent Bersac vom König das Patent Opern aufzuführen. Ihre Gesellschaft hatte nur kurz Bestand, so dass Ludwig XIV. das Patent 1672 Lully verlieh.

Les Épopées unter Stéphane Fuget gelingt mit der vom 10. bis 12. Juli 2020 in der Schlosskapelle von Versailles ein gänzlich unerwartetes Hörerlebnis. Es gelingt ihnen bei einem sehr deklamatorischen Vortragsstil, der durchaus an Lullys Opern als vertonte Tragödien des Sprechtheaters erinnert, die in eine extravagante Fülle von Ornamenten gehüllt Melodie des barocken Gesangs höchst lebendig werden zu lassen: der Text ist bestens verständlich. Das unerwartete des Hörerlebnis ist nicht nur die Lebendigkeit des Vortrags, sondern vor allem die Nähe und Unmittelbarkeit.

Eine Referenzaufnahme.

21.02.2021, Jan Krobot/Zürich

 

Diese Seite drucken