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CD JAN LISIECKI spielt Klavierkonzerte und Variationen von Mendelssohn; Deutsche Grammophon

18.03.2020 | cd

CD JAN LISIECKI spielt Klavierkonzerte und Variationen von Mendelssohn; Deutsche Grammophon

 

Im Wunderland der Frühromantik

 

Eine kluge Repertoirewahl, die der junge Kanadier mit polnischen Wurzeln nach seinen gelungenen Alben mit Chopin, Schumann pflegt. Spätestens Lisieckis Aufnahme der fünf Klavierkonzerte von Beethoven hat mich vollends überzeugt. Mendelssohns Klavierkonzerte gehören ja zu den seltener gespielten Werken dieses Hamburger Komponisten und Dirigenten, dessen musikalisches Leben sich vor allem auf Berlin und Leipzig konzentrierte. 

 

Die beiden Konzerte könnten unterschiedlicher nicht sein: Der junge Mendelssohn, Hals über Kopf in die 18-jährige Pianistin und Widmungsträgerin des g-Moll Konzertes Delphine von Schauroth verliebt, legt ein leidenschaftlich unbeschwertes dreisätziges Stück vor. Lisiecki versteht es wie kein anderer, voll ungebremster Übermut in diesen siebenten Himmel zu tauchen, in den Lyrismen des Andante zu schwelgen und wie ein pianistischer Bungee Jumper tollkühn in das finale Presto zu springen. 

 

Das spätere d-Moll Konzert legt Zeugnis einer differenzierteren Verfassung des Komponisten ab, in den Stimmungen vielfältiger, laut Lisiscki „in seinem Charakter eher suchend“. Mendelssohn meinte über dieses nach der Hochzeitsreise mit Cécile Charlotte Sophie entstandene Werk: „Das Konzert wirkt nicht sehr besonders als Komposition, aber das letzte Stück macht soviel Effekt als Klavierfeuerwerk, dass ich oft lachen muss und Cécile es nicht oft genug hören kann.“ Das war Mendelssohn aber bescheiden. Das Konzert ist menschlich als auch in den kompositorischen Mitteln die Frucht eines reifen Geistes. Lisiecki bringt wiederum alle Facetten zum Schwingen, mittels einer sensibel die hinter den Noten steckenden Emotionen abtastenden Anschlagtechnik und einer virtuosen Bravour, die in ihrer spielerischen Leichtigkeit nichts anderes sein will als sie selbst.

 

Das dirigentenlose Orpheus Chamber Orchestra erweist sich, was Energie, Elan, Drive und klangliche Kultur anlangt, als kongenialer Partner. 

 

Ergänzend sind auf dem Album die 17 „Variations sérieuses“ in d-Moll Op. 54, das Rondo capriccioso in E-Dur und das „Venetianische Gondellied“ (aus dem Zyklus ,Lieder ohne Worte‘) zu hören. 

 

Fürs Gemüt, für die Seele, fürs Herz, genau das was wir jetzt brauchen.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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