CD JACQUES OFFENBACH „FOLIES SYMPHONIQUES“ – Ouvertures des opéras bouffes et comiques; Brandenburgisches Staatsorchester Frankfurt; Howard Griffiths; cpo
Recht viel tu sich ja bisher nicht auf dem Tonträgermarkt zum 200. Geburtstag von Jacques Offenbach. Neue wegweisende Gesamtaufnahmen sind mir noch nicht begegnet. Umso erfreulicher ist die Initiative des Brandenburgischen Staatsorchesters, wenigstens Vorspiele weitgehend unbekannter Opern aus der sprichwörtlichen Versenkung geholt zu haben.
Dem Schmiss der irgendwie nach einem flotten Rossini klingenden Ouvertüre nach zu schließen, gehört „Herr Blumenkohl lädt zu sich ein am..“ oder auf französisch „Monsieur Choufleuri restera chez lui le..“ unbedingt auf die Bühne. Nicht unähnlich dem Plot von „Der Bürger als Edelmann“ leistet ein Neureicher den kulturellen Offenbarungseid. Dieser patscherte Parvenu muss in einer musikalischen Soirée selber Bassarien singen, nachdem alle Gesangstars kurzfristig abgesagt haben. Der Hörer darf sich eine gar wundersame Parodie auf die italienische Oper erwarten mit all ihren Eitelkeiten, Absurditäten und eitel wonnigen Verzierungen. Dafür geht die Liebesgeschichte gut aus. Der bisher vom strengen Hausherrn abgewiesene Freier seiner Tochter Ernestine hilft dem in Not geratenen Herrn Blumenkohl aus der Verlegenheit. Zumindest für die zwei gibt es ein Happy End, für Monsieur Choufleuri wohl eher Hohn und Spott.
Genau so musikalisch auf- und anregend ist die Ouvertüre zu „La Princesse de Trébozinde“. Diese satirische ,Offenbachiade‘ voller Schwung und raffinierter Hoffmann/Olympia-Abwandlung handelt von der Artistin Zanetta, die eine Wachsfigur der Prinzessin in einer Schaubude von Artisten ersetzen darf, Jagdfanfaren und lautmalerisch sirrendes Tellerdrehen des Artistenquintetts inklusive. Als symphonisch turbulenter erweist sich das musikalische Porträt der Justine Favart in der Opéra-comique „Madame Favart“.
Aus der fantastischen Satire über einen schlechten Herrscher „Le Roi Carotte“ (König Karotte) hören wir die dramatische Einleitung zum vierten Akt. Der König Fridolin, gerade dem arbeitsvollen Reich der Insekten entkommen, findet sich auf der Affeninsel wieder. Von Rosée du Soir geliebt, darf er am Ende wieder geläutert auf den Thron zurück, weil der Möhrenkönig samt allem Wurzelwerk auch keine taugliche Alternative bot.
Howard Griffiths langt kräftig zu, das erstklassige Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt klingt manchmal halt weniger französisch raffiniert, denn die Sache konkret beim Krawattl packend. Die Musiksprache Offenbachs kennt jeder, die Qualität der gebotenen Ouvertüren bietet kein neues Offenbach Bild. Das war auch nicht zu erwarten. Die Musik ist aber auch um keinen Deut schlechter als die (wesentlich) berühmteren Stücke aus den landauf landab gespielten Offenbach-Hits. Zur Erweiterung des Horizonts als auch zum bloß großen Vergnügen der Zuhörerschaft sei diese CD dringend empfohlen. Immerhin haben wir Fasching.
Dr. Ingobert Waltenberger