Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

CD IVAN ZAJC: NIKOLA SUBIC ZRINJSKI – Live-Opernmitschnitt aus dem Kroatischen Nationaltheater

13.06.2020 | cd

CD IVAN ZAJC: NIKOLA SUBIC ZRINJSKI – Live-Opernmitschnitt aus dem Kroatischen Nationaltheater Ivan Zajc; cpo

 

Diese spannende Operngesamtaufnahme aus Rijeka konfrontiert uns mit einer kaum bekannten Musikerpersönlichkeit, die auch in Wien über Jahre hinweg am Operettenleben regen Anteil hatte. Komponist, Dirigent, Organisator und Lehrer, der vielseits begabte Ivan Zajc war der Sohn eines tschechischen Militärkapellmeisters und der aus Bratislava stammenden Anna Bodensteiner. Als frühreifer Solist auf der Geige produzierte sich der Sechsjährige bereits auf der Bühne des Theater von Rijeka. Nach Studien am Mailänder Konservatorium ging Zajc nach Wien, wo kein Geringerer als der in Split geborene Franz von Suppé Zajcs Operette „Mannschaft an Bord!“ ans Carltheater in der Praterstraße vermittelte. In Wien schrieb Zajc nicht weniger als 24 Operetten. Nach sieben Wiener Jahren nahm Zajc das Angebot an, die Oper in Zagreb zu leiten. Von seinen 22 vollendeten Opern ist allerdings nur die Partitur von „Nikola Subic Zrinjski“ im Druck erschienen.

 

Zajc Musik zeigt Einflüsse von Verdi, des frühen Belkanto, aber auch der Wiener Operette. Als überaus fruchtbarer Komponist von Chören nehmen diese einen dominanten Platz in der  vorzustellenden Oper ein, die auf ein historisches Ereignis aus dem Jahr 1566 zurückgeht. Der atmosphärische Grundton der Oper ist klar slawisch und erinnert eher an Borodin als an Donizetti. 

 

Worum geht‘s? Bei seinem letzten Kriegszug gegen Wien belagerte Sultan Suleiman der Prächtige einen ganzen Monat lang die südungarische Festung Sziget, in der ungarische und kroatische Einheiten für den Bestand der österreichischen Monarchie kämpften. In der dreiaktigen Oper steht General Nikola Subic Zrinjski, Kommandant einer im Vergleich zu den zahlenmäßig weit überlegenen Türken kleinen Truppe vor. Als unerschrockener Held will er die Garnison bis zum letzten Blutstropfen verteidigen. Wie die von der Mannschaftsstärke ungleiche Schlacht ausgeht, wissen wir nicht, weil zuvor die Oper endet. Wir wissen nur, dass Lovro Juranic seine Verlobte Jelena, Tochter des Kommandanten, tötet, damit sie nicht den Feinden in die Hände fallen kann.

 

In der Produktinfo ist viel von der Bedeutung der Oper für das kroatische Musikleben zu lesen. Demnach sei Nikola Šubić Zrinjski die prestigereichste und historisch wichtigste kroatische Oper. Der Komponist ist der Namensgeber der Oper von Rijeka. 

Für das Libretto der Oper Nikola Šubić Zrinjski benutzte der kroatische Schriftsteller Hugo Badalić das Schauspiel Zriny des deutschen Dramatikers Theodor Körner. Die Oper wurde am 4. November 1876 unter der Leitung des Komponisten im Kroatischen Nationaltheater in Zagreb aufgeführt. Soweit der Geschichtsunterricht. 

 

Wir interessieren uns aber in erster Linie für die Frage, was kann die Musik und wie wird sie umgesetzt? Zuerst einmal ist dem als klassische Nummernoper konzipierten Stück Originalität nicht abzusprechen. „Nikola Subic Zrinjski“  fällt in die Zeit der nationalen Strömungen in der mitteleuropäischen Musik. Die Chöre gehen am vehementesten in Richtung einer Art von plakativer kroatischer Kunst-Folklore. Überwiegend haben wir es aber mit einer hochromantischen Musik im Stil einer Grand-Opéra zu tun, mit lebhaften Tableaus, die vor eingängigen melodischen Einfällen nur so strotzen. Ein besonderes Händchen hat Zajc für theaterwirksame Duette und Ensembles, sei es auf Seite des Sultans oder des Ban Zrinjski. 

 

Die Besetzung wartet mit großen Stimmen auf. Der Bariton Robert Kolar als auch vokal gestandenes Mannsbild in der Titelpartie dominiert das Geschehen, seine Frau Eva ist bei der routinierten Mezzosopranistin Kristina Kolar gut aufgehoben. Am besten gefallen mir Anamarija Knegos lyrischer Sopran als Jelena, und ihr tenoraler Lover Aljaz Farasin, der mit einem ausgesprochen fein granulierten italienischen Timbre vom ersten Ton an für sich einnimmt. Die übrige Besetzung, bestehend aus dem Bass Marijan Padavic in der Rolle des Gaspar Alapic, dem Bassisten Luka Ortar als türkischer Sultan, dem – als einzigen der Besetzung – angestrengt klingenden Tenor Giorgio Surjan jr. als Großvisir Mehmed Sokolovic, Dario Bercich als Levi, Physiker des Suleiman und Martin Maric als Vuk Paprutovic gibt eine saftige und beeindruckende Vorstellung, mehr großformatige Grand-Opéra denn Operette.  

 

Es muss ja nicht alles gemessen an den Spitzenschöpfungen des Genres als Meisterwerk tituliert werden, aber die Begegnung mit der Oper bereitet vom rein musikalischen Standpunkt eine Art deftiger Freude, zumal auch Dirigent Ville Matvejeff aus dem Rijeka Symphonieorchester und dem zugehörigen Opernchor effektvoll Funken zu schlagen weiß.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

Diese Seite drucken