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CD INBAL SEGEV spielt Cellomusik von ANNA CLYNE und EDWARD ELGAR – London Philharmonic Orchestra, MARIN ALSOP; CAvi-music

01.07.2020 | cd

CD INBAL SEGEV spielt Cellomusik von ANNA CLYNE und EDWARD ELGAR – London Philharmonic Orchestra, MARIN ALSOP; CAvi-music

„Tanze, wenn du aufgebrochen bist. Tanze, wenn du den Verband weggerissen hast. Tanze inmitten des Gefechts. Tanze in deinem Blut. Tanze, wenn du vollkommen frei bist.“ Rumi

Edward Elgars berühmtes Cellokonzert gehört zu den großen Klassikern seiner Art, aber kennt schon jemand das 100 Jahre später entstandene Cellokonzert der 1980 geborenen Anna Clyne? Wenn nicht, bietet sich jetzt dazu eine einmalige Gelegenheit.  Ihre fünf Tänze für Cello und Orchester bilden den Auftakt zu der neuen CD. Die Londonerin Anna Clyne  schreibt gut gewürztes, effektvoll angerichtetes und unbeschwerlich verdaulich Klassisches (Orchester- sowie Kammermusik) aber auch Vokalmusik und Stücke für Soloinstrumente mit elektronischer Begleitung. Die israelisch amerikanische Cellistin Inbal Segev lernte Anna Clyne über die Dirigentin Marin Alsop kennen. Und so entstand der Auftrag zu dem Konzert für das Cabrillo Festival zeitgenössischer Musik, das Chautauqua Symphony Orchestra und das Sao Paulo Symphony Orchestra.

Für das fünfsätzige Cellokonzert diente Clyne ein kurzes Gedicht von Rumi als Inspirationsquelle. Anna Clyne schätzt daran die Eindringlichkeit der Sprache, die starke Körperlichkeit der Bilder. Jeder Satz entspricht einer Gedichtzeile. Die Musik kann irische Folklore ebenso wenig verleugnen wie ein kleines Zitat aus der Sarabande der c-Moll Solosuite für Cello von Bach. Dennoch ist die Musik insgesamt programmatisch bildhaft und weist kraftvolle Züge von Filmmusiken auf. Der erste Satz beginnt zaghaft ein wenig in der Tradition der baltischen neuen Musik, der zweite Satz stemmt erdig und feurig dagegen, bevor ein Ruhepol inmitten des Gefechts das Cello lange Kantilenen mit barockartigen Schnörkeln aussingen lässt. „In deinem Blut“ ist ein königlich ausladendes Fresko, das in ein Wiegenlied mündet. Der letzte Satz mit seinen schlichten sentimentalen Melodien führt über zu Edward Elgars Konzert in e-Moll Op. 85.

Die beiden englischen Konzerte haben gemeinsam, dass das Cello der dominante Star mit vielen großartigen Soli ist und dem Orchester eher eine dienende Rolle zukommt. Inbal Segev spielt auf einem samtig sonor klingenden Ruggeri Cello aus dem Jahr 1673. Segevs innig beseelter Vortrag erinnert mich in der mitreißenden Emotionalität und der technischen Meisterschaft an die Legende Jacqueline du Pré.

Wer diese beziehungsreiche, so typisch englisch rüschig bitterorange karamellisierte Musik mag, für den bleibt kein Wunsch offen, gar keiner.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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