CD „IN THE SHADOWS“ – MICHAEL SPYRES singt Arien von Wagner, Méhul, Spontini, von Weber, Marschner, Beethoven, Meyerbeer, Bellini, Rossini, Auber; Erato
Neuer strahlender Wagnertenor ante portas
„Es scheint, dass Wagner an den Wurzeln der Oper nagt, genau wie Nidhogg am Fuße der Esche Yggdrasil, dem Baum der Welt, nagt. Und in diesem Wissen dringe ich nun tief in den Wald ein.“ Michael Spyres
Am 10. März hat er sein Rollendebüt an der Opéra national du Rhin als Lohengrin gegeben. In Sachen Wagner stand der Erik in Hamburg bereits im Dezember 2023 an. Im Sommer wird dieser großartige, alle Fachgrenzen sprengende amerikanische Tenor als Siegmund in der Bayreuther „Walküre“ am 29. Juli (Wiederholung 21. August) debütieren.
Auf seiner neuen CD „In the Shadows“ gibt Michael Spyres das Plattendebüt mit Ausschnitten aus den Wagner-Opern „Die Feen“, „Rienzi“ und „Lohengrin“. Auf dem Album BariTenor hat er bereits die Gralserzählung des Lohengrin, allerdings in französischer Sprache, gesungen. Hören Sie selbst aus dem neuen Album „Mein lieber Schwan“. Link:
https://www.youtube.com/watch?v=VnUv_Uib434
Grandios, wie Spyres aufbauend auf einer bronzenen Mittellage und einem legendären Legato diese Wagner-Helden angeht, mit verführerischem Schmelz und bissfestem Kern in der Mittellage sowie genügend Stahlstrahl in der Höhe. Mit luminöser Ausstrahlung und einem unglaublich guten, akzentfreien Deutsch lässt das, was er hier an Kostproben abliefert, auch in Sachen Wagner auf Großes hoffen.
Dieser gescheite, neugierige Sänger will mit seiner neuen CD nichts weniger, als den Versuch wagen, nachvollziehen, in welchem musikalischen Kontext aus Wagner Wagner wurde, welche Einflüsse seine Entwicklung beeinflusst und mitbestimmt haben. Spyres: „Obwohl Wagners Leben in der akademischen Literatur ausführlich dokumentiert ist, haben sich nur wenige mit der entscheidenden Rolle von Méhul und Spontini befasst, die den Grundstein für sein Spektrum an orchestraler und dramatischer Ausdruckskraft legten; oder der von Meyerbeer, Halévy und Rossini, die sein Verständnis der kompositorischen Form, des dramatischen Einsatzes von Ouvertüren und der strukturellen Nuancen des Geschichtenerzählens prägten.“
Musikalisch untermauert wird die These mit Bekanntem von Beethoven und Weber, aber auch mit Raritäten und virtuosen Arien von Rossini bis Meyerbeer, Auber bis Bellini. Bei der Arie ‚Der Strom wälzt ruhig seine dunklen Wogen“ aus Gaspare Spontinis „Agnes von Hohenstaufen“ handelt es sich, was die originale deutsche Sprache betrifft, sogar um eine Weltpremiere.
Der stilistisch vielseitige und sprachlich versierte Sänger, der beginnend von Barockmusik, italienischem Belcanto über die romantischen Helden der französischen Grand Opéra, bis hin zu Wagner offenbar alles kann, wird auf dem vorliegenden Album vom Originalklangensemble Les Talents Lyriques unter der musikalischen Leitung des französischen Dirigenten und Cembalisten Christophe Rousset unterstützt. Rousset begleitet nicht bloß wie so viele andere Dirigenten von Soloalben den Star mehr oder weniger animiert, sondern trägt mit den spezifischen dunkleren Klangfarben der Instrumente des 19. Jahrhunderts und artikulatorischem Biss ganz entschieden zur außerordentlichen Qualität dieses Albums bei.
Inhalt des Albums
- Etienne-Nicolas Méhul: Vainement Pharaon…Champs paternels (Joseph en Egypte)
- Ludwig van Beethoven: Gott! Welch Dunkel hier…In des Lebens aus Fidelio op. 72
- Gioacchino Rossini: Della cieca fortuna…Sposa amata…Sazia, o sorte aus Elisabetta (Regina d’Inghilterra)
- Giacomo Meyerbeer: Suona funerea (Il Crociato in Egitto)
- Carl Maria von Weber: Nein, länger trag ich nicht (Der Freischütz)
- Daniel François Esprit-Auber: Spectacle affreux (La Muette de Portici)
- Gaspare Spontini: Der Strom wälzt ruhig seine dunklen Wogen (Agnes von Hohenstaufen)
- Vincenzo Bellini: Meco all’altar di Vere…Me protegge, me difende (Norma)
- Heinrich Marschner: Gönne mir ein Wort der Liebe (Hans Heiling)
- Richard Wagner: Wo find‘ ich dich, wo wird mir Trost? (Die Feen), Allmächt’ger Vater, blick herab (Rienzi); Mein lieber Schwan (Lohengrin)
Melomanen und Freunde spektakulärer Stimmen werden sich dieses vokal einzigartige und programmatisch kluge Album sicher nicht entgehen lassen.
Dr. Ingobert Waltenberger