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CD HENRY PURCELL: DIDO & AENEAS mit JOYCE DiDONATO, MICHAEL SPYRES und FATMA SAID – MAXIM EMELYANYCHEV dirigiert Il Pomo d’Oro; Erato

15.08.2025 | cd

CD HENRY PURCELL: DIDO & AENEAS mit JOYCE DiDONATO, MICHAEL SPYRES und FATMA SAID – MAXIM EMELYANYCHEV dirigiert Il Pomo d’Oro; Erato

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Einer der berühmtesten Operntorsi der Musikgeschichte gibt mit dieser neuen Produktion heftige Lebenszeichen von sich. Dabei kennen wir gerade einmal 55 Minuten Musik. Vom Prolog ist musikalisch gar nichts erhalten.

Am Ende der Geschichte, die von den zeitlichen Proportionen eigentlich Dido und die verflixten Hexen heißen müsste – Aeneas bleibt dramaturgisch und musikalisch eine Randfigur – steht Didos sterbenstrauriger Todesgesang „When I am laid in earth“. Ein herzzerreißendes Lamento, das in seiner Schlichtheit und dem onomatopoetischen in die Tiefe Fallen der Musik das ganze Drama einer unglücklichen Liebe in stetem Verdämmern versinnbildlicht. Final streut nur noch der Chor der Amoretten Rosen auf Didos Grab.

Im Grunde geht es in der Oper um eine Liebesgeschichte, gleichzeitig jedoch um die Eifersucht und den Hass zweier Frauen. Dido und ihre Erzfeindin, die Zauberin mit ihrem Heer an Hexen, treten zum ungleichen Kampf an. Die „alte Vettel“ will Dido das Liebesglück nicht gönnen und Karthago untergehen sehen. Voll böser List lässt sie einen Geist in Gestalt Merkurs auftauchen und Aeneas an seine Pflicht erinnern, mit der Flotte nach Italien zurückkehren zu müssen. Damit nicht genug, stört sie die intime Jagdgesellschaft von Dido und Aeneas mittels Gewittersturm, der den „Waidmannsspaß“ beenden soll. Aeneas will gehen, dann wieder nicht. Dido treibt diese Unentschlossenheit in den Tod.

Die neue Aufnahme lebt von der kontrastreichen, farbgrellen musikalischen Umsetzung durch Maxim Emelyanychev und dem auf Alte Musik spezialisierten Ensemble Il Pomo d’Oro (Orchester und Chor). Vom ersten Ton der Ouvertüre an durchwirkt archaische Schicksalsgnadenlosigkeit und der Triumpf des abgründig Bösen die Wiedergabe. 

Weniger nervös flirrend als bei Teodor Currentzis mit seiner musicAeterna und den New Siberian Singers hat hier die Liebe schon von den dunklen Vorahnungen der Dido im ersten Auftritt (1. Akt) an „Belinda I am press’d with torment“ an keine Chance. Dafür feiern die Zauberin (kontraaltmächtig Beth Taylor), ihre beiden hexendienernden Spießgesellinnen (Alena Dantcheva, Anna Piroli) und der Geist (luxuriös der britische Countertenor Hugh Cutting) samt ihren die Intrige unterstützenden, in höllisches Hohngelächter ausbrechenden Scharen („Schade erfreut uns und Missetat ist uns‘re Kunst“) ihren sicheren Triumph.

Die drei Hauptpartien (Dido, Belinda, Aeneas) sind mit Joyce DiDonato und Fatma Said grandios, mit dem Baritenor Michael Spyres als Aeneas eigentümlich überbesetzt. Vor allem Joyce DiDonato vermag mit ihrem fülligen Mezzo und der Unbedingtheit der Interpretation in die historischen Fußstapfen ihrer legendären Vorgängerinnen Kirsten Flagstad und Martha Mödl zu treten. Mit hochdramatischer Attitüde und dunklen Seelentönen erzählt sie ihre so tragische, weil schwarzschicksalhafte Geschichte als Bekenntnis einer stolzen, zu Tode verletzten Königin und Frau.

Die lyrische Sopranistin Fatma Said ist ihr in lyrischer Verinnerlichung eine treue, und im bodenlosen Fall stützende Magd. Spyres hinterlässt in seinen kleinen Auftritten kaum einen prägenden Eindruck. Dafür glänzt der Chor (Leitung Giuseppe Maletto) von Il Pomo d’Oro mit expressiver Artikulation, lautmalerischer Beredsamkeit und am Ende mit einem überirdisch klangschönen Abgesang.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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