Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

CD HARTMUT ROHDE spielt Violamusik von JOSEF TAL, CAvi-music

30.01.2019 | cd

CD HARTMUT ROHDE spielt Violamusik von JOSEF TAL, CAvi-music

 

Der Hindemith-Schüler Josef Tal war nicht nur der Mitbegründer der klassischen Musik in Israel, sondern einer der engagiertesten und interessantesten Wegbereiter von elektronischer Musik. So legte Josef Tal schon 1961 den Grundstein für das „Centre for Electronic Music“ in Israel.

 

Vor allem die frühe „Suite für Viola solo“ aus dem Jahr 1940 begeisterte mich spontan. Einflüsse der Renaissance (spannende Dissonanzen in der Nachfolge Carlo Gesualdos) und barocker Musik sind ebenso als Vorbilder diagnostizierbar wie die Stilistik eines Max Reger oder eines Hans Pfitzner in “Palestrina“. Die kontrapunktisch veredelte Komposition ist von klarer Abstraktionsdichte, und gleichzeitig meditativ wie die Solo-Suiten von Bach. Der dritte Satz stellt laut Rohde einen „verfremdeten Tango mit einem entfernten Anklang an den Eröffnungssatz der Leningrader Symphonie von Shostakovich dar.“ Die so vielschichtige und wie im Spiegel das subjektive Erleben reflektierende Suite ist eine echte Entdeckung.

 

Der Bratschist Hartmut Rohde, Professor an der UdK Berlin und begnadeter Kammermusiker, stellt auf seinem kurzen (knapp 40 Minuten Spielzeit), aber kraftvolle Impulse setzenden Album zwei weitere Werke Tals, diesmal für Viola und Klavier, vor: Die „Sonate für Viola und Klavier“ (1960) und ein „Duo“ für die beiden Instrumente aus dem Jahr 1965. Rohde stuft die zweisätzige Sonate als „potentes klangliches Erlebnis, wobei wogende rhythmisch unisono geführte Passagen auffallen“, ein, während er für das „Duo“ „mehrere einzelne motivische und rhetorische Gesten, mal heftig auffahrend, dann witzig, fragend oder apodiktisch exklamierend“ als charakteristisch bezeichnet.

 

Die „Perspektive für Viola solo“ ist das von der Schaffenszeit her (1996) jüngste Werk der CD. Zahlreiche spieltechnische Angaben, wie „hinter dem Steg“, “col legno“ oder „pizzicato“, sorgen für eine ganz spezifische Farbenwelt, die es dem Interpreten erlaubt, „sich in die Welt der Computerklänge zu begeben und Affekte hervorzuheben, die eine ganz wichtige Position in Tals Leben eingenommen haben.“

 

Josef Tal ist 98 Jahre alt geworden und hat ein umfangreiches Oeuvre mit Opern, Instrumental- und Vokalkompositionen sowie elektronischer Musik hinterlassen. Es ist Zeit für eine Wiederentdeckung auf breiterer Ebene. Schon deshalb ist das neue Album neben dem umwerfend guten Bratschenspiel von Hartmut Rohde empfehlenswert.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

Diese Seite drucken