Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

CD HANS PFITZNER „CHRIST-ELFLEIN“ – Kurt Eichhorn dirigiert das Münchner Rundfunkorchester; Live Mitschnitt vom 30. November 1979; Orfeo d’Or, BR

25.10.2022 | cd

CD HANS PFITZNER „CHRIST-ELFLEIN“ – Kurt Eichhorn dirigiert das Münchner Rundfunkorchester; Live Mitschnitt vom 30. November 1979; Orfeo d’Or, BR

Wiederveröffentlichung des Weihnachtsmärchens mit Helen Donath als Elf

4011790437026

Winterwald und Weihnachtsabend, Krankheit und Weihnachtswunder: In diesem Quadrat spielt sich die rührende Geschichte nach einer Dichtung der Ilse von Stach ab. Das zarte Waldwesen Elflein bietet sich an, anstatt des sterbenden Trautchens in den Himmel zu gehen. Das Christkindchen stimmt zu, dafür darf das Elflein jedes Jahr zu Weihnachten als Christ-Elflein zurück auf die Erde hinabsteigen. Unter Engelsgesang zieht das Elflein in den Himmel ein, das Trautchen ist geheilt. In dem Märchen begegnen uns noch der Tannengreis, der naturliebende Frieder, Bruder des Trautchens, der Herr von Gumpach, die Knechte Franz und Jochen und natürlich der Knecht Ruprecht.

Hans Pfitzner, der seine drei Kinder überlebte, das vierte Kind starb sogleich nach der Geburt, waren Krankheit und Leid sowie deren Überwindung Leitmotive seines künstlerischen Schaffens. Das „Christ-Elflein“ war ursprünglich ein Schauspiel mit begleitenden Musikstücken von Pfitzner. Dann erarbeitete der Komponist eine zweiaktige Oper unter Verwendung musikalischen Materials aus der Schauspiel-Musik. Uraufgeführt wurde diese Fassung am 11.12.1917 an der Dresdner Hofoper, einige Monate nach der Münchner Premiere des „Palestrina“. Es dirigierte Fritz Reiner.

Bei der vorliegenden Einspielung wurden die ursprünglichen Texte von Pfitzner durch einen die Nummern verbindenden Text von Alois Fink, der auf der CD auch selbst liest, ersetzt.

„Kein Parsifal im Westentaschenformat.“ Das „Christ-Elflein“ kommt ganz ohne große mystische Verzückung aus, es ist eine naiv-sentimentale Oper, die ans Herz geht. Rein musikalisch ist hier nichts von all dem Spröden und Akademischen spürbar, das Pfitzners Werk in den Ohren einiger Kritiker schwer genießbar macht. In einem typisch spätromantischen Idiom hören wir hier Pfitzner at his best. So taucht die feenhafte Reigenfolge mit tanzenden Tannenjunkern, Tannengreis, Elflein und den Stimmen der Engel am Ende des ersten Aktes den dunklen Wald in festlich glitzerndes Licht. Selbst Otto Klemperer empfand die harmonisch an Wagner anschließende Musik als reizend und bezaubernd. So ist auch eine ein wenig an die „Meistersinger“ erinnernde kurze Fuge in die über 11 Minuten lange Ouvertüre eingearbeitet.

Die Rundfunkeinspielung aus dem Jahr 1979 hat als großes Atout die flotte und atmosphärisch dichte musikalische Leitung des Kurt Eichhorn – er war Chefdirigent des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München, von 1967 bis 1975 des Münchner Rundfunkorchesters, seine Sonntagskonzerte waren zurecht beliebt – als auch die treffliche Besetzung der Frauenrollen mit Helen Donath als Elf und Janet Perry als Christkindchen.

Helen Donath, eine der besten lyrischen Sopranistinnen ihrer Zeit, lässt als unschuldiges Naturwesen die ätherischen Höhen frei durch die Lüfte segeln, unbeschwert und flink. Sie berührt mit blauäugig-hoffnungsfrohem Ton, bereit, sich für das Leid des armen Mädchens mit einem Lächeln auf den Lippen hinzugeben. Janet Perry entführt als großzügiges Christkindchen das Elflein mit ihrer silbrigen leichtern Soubrettenstimme koloraturumrankt sanft in himmlische Gefilde. Der Schweizer Bassbariton Alexander Malta poltert als Tannengreis grob durch die weihnachtliche Szenerie. Nikolaus Hillebrand darf als Knecht Ruprecht, eigentlich der Gehilfe des heiligen Nikolaus, sich zuerst einmal mit den Knechten prügeln, bevor er die Kinder mit Geschenken beglückt und ihnen erklärt, wie die Tanne zum Weihnachtsbaum wurde. Mit gepflegtem Wagner-Ton und exzellenter Wortverständlichkeit singt er seinen großen Monolog „Als Christ der Herr verkläret war“. Der schwedische Tenor Claus H. Ahnsjö als Frieder sorgt sich mit jugendlich beherztem Ton um seine kranke Schwester. Die Knechte Franz und Jochen werden vom auf Tonträgern wenig präsenten lyrischen Bariton Raimund Grumbach und dem gebürtigen Wiener Tenor Ferry Gruber, der seine an der Operette geschulte Spielfreude einbringt, verkörpert.

Fazit: Eine generös melodiöse und harmonisch berauschend romantische Märchenoper in bestmöglicher Interpretation für Jung und Alt. Die Stimmen sind natürlich und präsent eingefangen. Einzige Einschränkung: Das an sich wunderbar aufspielende Orchester klingt zuweilen räumlich flach.

Vergleichseinspielung

Gesamtaufnahme mit Erzähltexten von Alois Fink mit Marlis Petersen, Martina Rüping, Kevin Connors, Christian Bauer, Michael Volle, Andreas Hörl, Friedemann Röhlig, Richard Salter, Andrea Sokol, dem Tölzer Knabenchor, dem Münchner Rundfunkorchester, dirigiert von Claus Peter Flor, cpo 2004.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

Diese Seite drucken