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CD GUSTAV MAHLER: „SYMPHONIE DER TAUSEND“ – ADAM FISCHER dirigiert die DÜSSELDORFER SYMPHONIKER

Die Aufnahme basiert auf Mitschnitten von Konzerten vom Juli 2018

27.11.2019 | cd

CD GUSTAV MAHLER: „SYMPHONIE DER TAUSEND“ – ADAM FISCHER dirigiert die DÜSSELDORFER SYMPHONIKER; die Aufnahme basiert auf Mitschnitten von Konzerten vom Juli 2018

Ist zu Mahlers Musik schon alles gesagt? Natürlich nicht, auch wenn der Tonträgermarkt mit erstklassigen Gesamtaufnahmen der letzten 50-60 Jahre extrem saturiert scheint. Da die Zeit der großen Studioproduktionen ohnedies zu Ende ist, geben Konzertmitschnitte Aufschluss über Interpretationsbilder und Musikästhetik unserer Zeit. Insofern spiegelt das enzyklopädische Mahler-Projekt der Düsseldorfer Symphoniker und ihres Chefdirigenten Adam Fischer aktuelle musikalische Perzeptionen, Sehnsüchte und Emotionen präzise wider.

Der Mahler-Zyklus Adam Fischers mit den Düsseldorfer Symphonikern ist weit gediehen. Die 1., 3., 4,. 5., 7. Symphonie und „Das Lied von der Erde“ sind schon veröffentlicht. Nun halten wir bei der Achten Symphonie in Es-Dur, wegen der Vielzahl an Mitwirkenden (Riesenorchester, 2 große Chöre, Knabenchor, acht Solisten) auch „Symphonie der Tausend“ genannt. So viele Akteure waren es in Düsseldorf zwar nicht, aber die doch über 500 Mitwirkenden zusammenzuhalten, mit ihnen in erster Linie Musik und nicht Lärm zu erzeugen sowie für einen gesteuerten, luziden und transparenten Sound zu sorgen, ist eine Mammutaufgabe für einen Dirigenten. Ebenso schwierig ist es für die Tontechniker, solch eine Konzert-Riesenmaschine in eine „Konserve“ zu pressen, die dann im Wohnzimmer genauso effektvoll sein soll wie im Saal. 

Adam Fischer meint, dass „wenn eine Musik nicht für eine CD gemeint ist, dann ist es die Achte Mahler.“ Er sieht die CD als eine Alternative zur Live-Aufführung und räumt ein, dass manches auf der CD sicher besser als im Konzertsaal rüberkommen kann, wie etwa die ersten 10 Minuten des 2. Satzes. 

Das künstlerische Ergebnis des Konzertmitschnitts dieser in Maiernigg am Wörthersee konzipierten zweiteiligen Symphonie (1. Pfingsthymnus „Veni creator spiritus“, 2. Vertonung von Texten aus Faust II) überzeugt weitaus weniger als bei den schon vorhandenen Mahler Aufnahmen Fischers. Die lockere Szenenfolge aus Faust II mit der Erlösung des Antihelden samt geisterhaftem Personal wie den Anachoreten, Pater Ecstaticus, Pater Profundus, Chören voller Engeln, den die heiligen Liebe zu Maria preisenden Doctor Marianus bis zur Himmelskönigin Gloriosa läuft kammermusikalische präzise ab. Fischer scheint aber keinen wirklichen Zugang zum Bombast des Hymnus und der irrlichternden Zerrissenheit der Goethe Vertonung zu haben. Die vielen und bisweilen willkürlichen scheinenden Temporückungen, die Fischer vor allem im 2. Teil wählt, stellen zwar manch lyrische Phrase in einen schönes Licht, lassen aber einen dramaturgischen Gesamtbogen und den Drive nach vorne vermissen. Fischer wäre nicht Fischer, wenn er nicht durch dynamisches Feintuning und Konzentration auf instrumentale Details neue Facetten der Interpretation aufdeckte. Insgesamt aber ergibt seine Interpretation dieser das Universum in Erkenntnis fassen wollenden „Planeten- und Sonnenmusik“ kein stimmiges Bild. Die hypertroph utopische Botschaft und der pompöse Kitsch bzw. die transzendente Magie der Musik mögen hier nicht zu berühren.

Der Chor des Städtischen Musikvereins von Düsseldorf, der Philharmonische Chor Bonn, die Kartäuserkantorei Köln, der Clara-Schumann-Jugendchor Düsseldorf tragen im Hymnus den gewohnten „Wer kann es lauter“ Wettstreit aus, beleben jedoch im 2. Teil durch Homogenität, Ausgewogenheit in den Stimmgruppen und eine gute Textausdeutung die erzählerische Seite des Stücks. Die stimmlich allzu leichtgewichtigen Solisten (Manuela Uhl, Polina Pastirchak, Fatma Said Soprane; Katrin Wundsam, Mezzo, Katharina Magiera Alt; Neal Cooper Tenor; Hanno Müller-Brachmann Bariton; Peter Rose Bass) kämpfen im Hymnus (bisweilen aussichtslos) gegen die Urgewalten von Chor und Orchester (vielleicht ist hier auch die Aufnahmetechnik nicht ganz unverantwortlich), im zweiten Teil lässt der Mezzo positiv aufhorchen und verleidet vor allem der durch gequetschte Höhen missfallende Tenor die Freude am Stück.

Fazit: Die bisher schwächste Aufnahme von Adam Fischers Mahler-Zyklus. 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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