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CD Gustav Mahler 6. Symphonie – Südwestfunk Orchester Baden-Baden, KIRILL KONDRASHIN – SWR CLASSIC

26.10.2018 | Allgemein

CD Gustav Mahler 6. Symphonie – Südwestfunk Orchester Baden-Baden, KIRILL KONDRASHIN – SWR CLASSIC

 

Ein Klassiker der Schallplattengeschichte: Die schnellste Gangart dieser Symphonie mit insgesamt 68:24 Minuten Spieldauer gibt es bei Kondrashin zu bestaunen. 1981 aufgenommen, klingt die Aufnahme, die kürzlich beim Hauslabel des Orchesters remastered auf Basis der Originalbänder erschienen ist, so brillant, als wäre sie von heute. 15 Minuten kürzer als Currentzis braucht dieser russische Zampano, der 1960 zum Chefdirigenten der Moskauer Philharmoniker ernannt, eine der großen Säulen der Interpretation vor allem der Symphonien von Dmitri Shostakovich war.

 

Mit Currentzis teil er die Vorliebe für innere Hochspannung und eine theatralische Sichtweise auf das 1903 und 1904 in Maiernigg am Wörthersee komponierte Stück. Aber da sind die Ähnlichkeiten in der Interpretation auch schon wieder erschöpft. Kondrashin war ein sensibler Feingeist, der es nicht tuschen oder militärisch aufmarschieren lässt, sondern ungemein dichte und abschattierte Klangnetze knüpft. Trotz rasanter Tempi und diesem suggestiven Vorwärtssog  ist der Orchesterklang ausbalanciert, beherrscht Kondrashin die Kunst der Rubati wie kaum ein anderer Mahler- Interpret. Überhaupt ist die einzigartige Temporegie das Markenzeichen dieser Einspielung. Innehalten und Vorwärtsrasen, Betrachten und Sprinten, Kondrashin nimmt seine Arbeit auch sportlich. Seine Klangregie lässt 3D-Eindrücke assoziieren, konkret Nahes und Reminiszenzen wie aus weiter Ferne ergeben einen verblüffend räumlichen Effekt. Das Andante moderato fließt animiert, die fragile Flüchtigkeit des Lebens feiernd. Im Finale lässt schlüpft der Maestro in Mephistos Rolle und lässt die drei Themen (marschartiges Hauptthema, Choral und emphatisches Seitenthema) mächtig durcheinanderwirbeln. Die Energie, die dieser wunderbare Dirigent bei dieser Studioproduktion, die zwei Monate vor seinem Tod entstanden ist, ist atemberaubend. Die kraftvolle Kreatürlichkeit von Kondrashins Musikantentum bewirkt ein organisch als richtig empfundenes Atmen. Bei aller Ausdruckshitze vor allem im rasanten Finale gehen weder ihm, noch dem Orchester oder dem Hörer die Luft aus. Ein Wunder an struktureller Dichte, hat die Aufnahme bis heute nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Das SWR-Orchester ist in Hochform.

 

Die Sechste war die einzige Mahler-Symphonie, die Kondrashin nicht mit seinen Moskauer Philharmonikern für Melodiya aufgenommen hat. Hier ist sie, unverzichtbarer Meilenstein der Mahler-Diskographie.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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