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CD: GIOVANNI BATTISTA PERGOLESI: LA SERVA PADRONA / LIVIETTA E TRACOLLO • Boston Early Music Festival Chamber Ensemble, Robert Mealy

05.03.2024 | cd

CD: GIOVANNI BATTISTA PERGOLESI: LA SERVA PADRONA / LIVIETTA E TRACOLLO • Boston Early Music Festival Chamber Ensemble, Robert Mealy

 

Ein erfüllender Ausflug in die Musikgeschichte

perg

Die italienische Opernliteratur des frühen 18. Jahrhunderts ist geprägt durch eine Fülle an Werken vielfältigster Gattungen. Dazu gehören auch die Intermezzi, kleine Opern, die in der Pause von Seria-Aufführungen, also bei geschlossenem Vorhang während der Umbauten auf der Bühne, gezeigt wurden, um zu verhindern, dass das Publikum unruhig wurde oder gar das Theater verliess. Als komische Werke sollen sie nach der Strenge und Regelhaftigkeit der Opera seria entspannen, der burleske Ausdruck die strenge Ernsthaftigkeit der Seria kompensieren. Die Vorstellung wird in der Pause mit weniger Akteuren, von der Commedia dell’arte und ihrem satirischen Blick auf die Zeitgenossen inspirierten Charakteren, und ohne Bühnenbild fortgeführt. Im Laufe ihrer Entwicklung entwickelten die Intermezzi ein Eigenleben und wurden vermehrt losgelöst von «ihren» Serie aufgeführt. 1752 löste eine Aufführung von «La Serva Padrona» in Paris die «Querelle des Buffons», die Auseinandersetzung zwischen den Anhängern der traditionellen, ernsten französischen Oper und jener der neuartigen, komischen italienischen Oper aus. Den Befürwortern der neuen italienischen Oper galt Giovanni Battista Pergolesi, dessen Opere serie im Gegensatz zu den Intermezzi im 18. Jh. nicht wieder gespielt wurden, als Vorbild und Leuchtturm.

Giovanni Battista Pergolesis «La Serva Padrona» (auf ein Libretto von Genarro Antonio Federico), uraufgeführt am 28. August 1733 im neapolitanischen Teatro San Bartolomeo, erzählt die witzige Geschichte der vorlauten Dienerin Serpina, die alle Hebel in Bewegung setzt, um ihren Herren heiraten zu können. Da «La Serva Padrona» ihrer Gattung entsprechend keine Ouverture besitzt, wird ihr hier jene von «Il prigioner superbo» vorangestellt. Amanda Forsythe ist Serpina mit keckem, frischen Sopran, grosser Textverständlichkeit und beeindruckender Höhensicherheit. Christian Immler gibt einen stimmgewaltigen, immer perfekt verständlichen Uberto. Die an farben reiche Stimme trägt bestens und ist stilistisch tadellos geführt.

Pergolesis «Livietta e Tracollo» (auf ein Libretto von Tommaso Mariani ), uraufgeführt am 25. Oktober 1734 im neapolitanischen Teatro San Bartolomeo, erzählt wie das gerissene Bauernmädchen Livia den Dieb Tracollo, der sich zuerst als «Polin» verkleidet, dann einen wahnsinnigen Astrologen mimt und seine Untaten am Schluss aus Liebe bereut, verfolgt. Da «Livietta e Tracollo»  entsprechend ebenfalls keine Ouverture besitzt, wird ihr hier jene von «Il flaminio» vorangestellt. Carlotta Colombo gibt die Livietta mit angenehm vollen, sauber geführten Sopran. In Sachen Textverständlichkeit ist noch Luft nach oben. Jesse Blumberg ist mit schlank und höchst ästhetisch geführtem Bariton ein Tracollo auf augenhöhe.

Um die zweiten CD einigermassen zu füllen, wurde das Trio «Fa l’alluorgio cammenare» aus Leonardo Leos komischer Oper «Onore vince amore» eingespielt, die bis auf dieses eine Stück verschollen ist. Carlotta Colombo (Cecella), Jesse Blumberg (Pennacchio) und Christian Immler (Crespano) bestätigen ihren positiven Eindruck.

Das Boston Early Music Festival Chamber Ensemble unter Robert Mealy begleitet die Solisten mit klarem, gut akzentuierten, farbenfrohem Spiel.

Ein erfüllender Ausflug in die Musikgeschichte!

 

05.03.2023, Jan Krobot/Zürich

 

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