Philzuid begeistert mit lateinamerikanischen Rhythmen und amerikanischem Esprit
Ein Neujahrskonzert ohne Strauß-Walzer und Operettenmelodien? Das Label Fuga Libera präsentiert mit dieser Aufnahme des Neujahrskonzerts 2024 des Philzuid ein Programm, das mit sprühender Energie und tänzerischem Schwung begeistert. Chefdirigent Duncan Ward und das Orchester setzen auf eine mitreißende Mischung aus amerikanischen Klassikern, feurigen Rhythmen und einer aufregenden Weltersteinspielung.
Schon der Auftakt mit der Ouvertüre zu George Gershwins „Strike Up the Band“ verspricht ein Konzert der besonderen Art. Das Stück, ursprünglich für eine satirische Operette komponiert, entfaltet hier seine volle Wirkung als brillantes Konzertstück. Philzuid und Ward betonen die jazzigen Elemente mit dynamischer Präzision, die Bläser glänzen mit knackiger Artikulation, während das Schlagwerk für den mitreißenden Drive sorgt. Der orchestrale Klang ist klar strukturiert und voller Lebendigkeit – ein mitreißender Auftakt.
Eine besondere Rolle kommt der Mezzosopranistin Adriana Bignagni Lesca zu, die mit Montsalvatges „Cinco canciones negras“ eine Perle des spanischen Liedrepertoires interpretiert. Die aus Gabun stammende Sängerin bringt eine bemerkenswerte Wärme in ihre Darbietung ein. Besonders eindrucksvoll gelingt ihr die „Canción de Cuna para dormir a un negrito“, in der ihre Stimme mit sanfter Eindringlichkeit die Wiegenlied-Atmosphäre einfängt. Das temperamentvolle „Canto negro“ hingegen zeigt sie von ihrer ausdrucksstarken und virtuosen Seite. Philzuid begleitet sensibel und mit feinem Gespür für die südamerikanischen Rhythmen.
Montsalvatge steht für eine reizvolle Verbindung aus katalanischer Tradition und karibischen Einflüssen. Die fünf Lieder, die er 1945 komponierte, sind farbenreich instrumentiert und verlangen nach einer Solistin mit Charisma und klanglicher Flexibilität – beides bringt Lesca in beeindruckender Weise mit. Ward und Philzuid halten den orchestralen Part leicht und transparent, sodass der Gesang stets im Mittelpunkt steht.
Leonard Bernsteins „Three Dance Episodes“ aus „On the Town“ setzen den tänzerischen Charakter des Programms fort. Ward arbeitet die unterschiedlichen Stimmungen der drei Sätze heraus – vom übermütigen „The Great Lover Displays Himself“ über das sehnsuchtsvolle „Lonely Town: Pas de Deux“ bis hin zum mitreißenden Finale „Times Square: 1944“. Besonders das Schlagwerk und die Blechbläser des Philzuid glänzen mit strahlender Präzision, die Streicher sorgen für den nötigen Broadway-Schmelz. Das Ergebnis ist eine energiegeladene, aber dennoch differenzierte Interpretation.
Die größte Überraschung dieses Programms bildet die Weltersteinspielung von Jenny Peña Campos „Cuban Suite“. Die vier Sätze – „Mambo“, „Dos Palabras“, „Canto del abuelo“ und „Conga“ – lassen keine Zweifel an der kubanischen Herkunft der Komponistin. Hier werden Rhythmen zum Leben erweckt, komplexe Schlagzeugfiguren treiben das Geschehen voran, während das Orchester mit Farbigkeit und rhythmischer Präzision brilliert. Besonders in „Canto del abuelo“ gelingt es Ward, Spannung aufzubauen, indem er das Orchester in nuancierten Schattierungen zwischen melancholischen und explosiven Passagen führt. Diese Uraufführung zeigt nicht nur die Vielseitigkeit des Orchesters, sondern auch die klangliche Raffinesse von Peña Campos Komposition.
Mit diesem Album beweist Philzuid, dass ein Neujahrskonzert weit über die gewohnten Traditionen hinausgehen kann. Duncan Ward führt das Ensemble mit Gespür für rhythmische Feinheiten und stilistische Vielseitigkeit durch dieses außergewöhnliche Programm. Adriana Bignagni Lesca bereichert das Konzert mit ihrer charismatischen Stimme, während die Auswahl der Werke eine kluge Balance zwischen Bekanntem und Neuem schafft. Eine spritzige, temperamentvolle und klanglich exzellente Aufnahme – ein musikalisches Feuerwerk.
Dirk Schauß, im Februar 2025
Gershwin, Montsalvatge, Bernstein, Campo
Philzuid
Duncan Ward, musikalische Leitung
FUG832