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CD: GEORG FRIEDRICH HÄNDEL: SAUL  – FestspielOrchester Göttingen, Laurence Cummings

05.07.2020 | cd

CD: GEORG FRIEDRICH HÄNDEL: SAUL  – FestspielOrchester Göttingen, Laurence Cummings

Georg Friedrich Händel: Saul (3 CDs) – jpc

Saul ist das erste jener Oratorien, die Händel komponierte, nachdem seine Unternehmungen mit der italienischen Oper fehlschlugen und die erste Zusammenarbeit mit dem Librettisten Charles Jennens, der ihm das Libretto zum Messias und weiteren Oratorien schreiben sollte. Mit seinen englischen Oratorien schuf Händel eine aus Elementen der englischen Plays, der Masques und Anthems, des klassischen französischen Dramas, der deutschen Kirchenkantate sowie der Oper seria bestehende,  neue große Form des musikalischen Dramas, die von der Bühne losgelöst war und vor allem aber in Englisch aufgeführt wurde. Schon lange bestehende Tradition war, dass die Engländer, Händels Publikum, sich als Nachfolger der alten Israeliten sahen: als von Gott auserwähltes Volk der Gegenwart, so wie sich die Israeliten in der Vergangenheit sahen. Händel gelang es in Saul, nicht nur mit der Verwendung entsprechender Instrumente und Klänge ein altes Israel (unbestimmter Artikel, da kleine sklavische Rekonstruktion gewollt war) auferstehen zu lassen, sondern auch in der Form des bekannten Trauermarsches die Handlung mit der Gegenwart des Publikums zu verknüpfen. Händel hatte für die Uraufführung des Saul drei Barockposaunen beschaffen lassen. Diese Posaunen waren in England wieder so unbekannt, dass Musiker aus Kontinentaleuropa für ihr Spiel engagieren musste. Mit der für seine Zeit völlig unüblichen dreifachen Besetzung der Posaunen, deren Klang seit alters her mit königlichen Begräbnissen verbunden war und die Händel in Saul nur an sieben Stellen einsetzt, gelang es Händel im Trauermarsch gleichzeitig das alte Israel wie das historische Grossbritannien auferstehen zu lassen. Die in der Landessprache verfassten Oratorien boten dem Pulikum weit bessere Identifikationsmöglichkeiten, konnten weit populärer werden als die in Italienisch gehaltenen Opere serie.

Händel erzählt in seinem Oratorium die Geschichte der allmählichen Verdüsterung durch Neid und Hass und des selbstverschuldeten Falls von König Saul (Markus Brück mit sattem, königlich wohlklingendem Bariton). David (Eric Jurenas mit kristallklarem Countertenor) ist siegreich aus der Schlacht gegen die Philister und deren Riesen Goliath heimkehrt. Der Lobpreis der Frauen Israels lässt König Saul  eifersüchtig werden und um seine Krone fürchten. Sauls Sohn Jonathan (Benjamin Hulett) hat David ewige Treue geschworen. Seine Schwester Merab (Sophie Bevan mit rundem, höhensicherem Sopran) lehnt es ab, David zu heiraten. Michal (Mary Bevan etwas dunkler gefärbt klanglich die Schwester Merabsa), die andere Schwester hat sich in David verliebt. Saul ist wahnsinnig geworden und versucht David zu töten. David kann fliehen und verlangt daher von Jonathan, dass er David töte. Saul ahnt wohl, dass Jonathan seinen Befehl nicht ausgeführt hat,  und gibt zum Schein nach und fordert Jonathan auf, David an den Hof zurück zu holen. An den Hof zurückgekehrt, schwört David Saul Treue und erhält Michal zur Frau. David gelingt es weiteren Tötungsversuchen Sauls zu entkommen, der dann in blanker Wut versucht den eigenen Sohn zu töten. Gefangen in Neid und Hass, will Saul die Zauberkräfte der Hexe von Endor (Raphael Höhn, der auch den Hohepriester singt) nutzen. Der von der Hexe heraufbeschworene Geist Samuels verkündet Saul und Jonathan ihr Ende und den Übergang des Königreichs an David. Die Chorsolisten Keunhyung Lee als Abner, Christoph Liebold als Doëg, Fabian Kuhnen als Erscheinung Samuels und Joachim Duske als Amalekit ergänzen das Ensemble vorzüglich. Den Solisten gelingt die stimmliche Darstellung der von Händel so facettenreich gezeichneten Figuren aufs Beste.

Höchst präsent mit der immer richtigen Intensität präsentiert sich der von Edzard Burchards vorbereitete NDR Chor. Das FestspielOrchester Göttingen unter Laurence Cummings spielt einen farbenreichen, höchst delikaten Händel.

Eine Bereicherung für jedes CD-Regal

05.07.2020, Jan Krobot/Zürich

 

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