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CD FRANZ SCHUBERT: SYMPHONIEN Nr. 8 und 9 – HERBERT BLOMSTEDT dirigiert das GEWANDHAUSORCHESTER LEIPZIG; Deutsche Grammophon

10.08.2022 | cd

CD FRANZ SCHUBERT: SYMPHONIEN Nr. 8 und 9 – HERBERT BLOMSTEDT dirigiert das GEWANDHAUSORCHESTER LEIPZIG; Deutsche Grammophon

Hommage zum 95. Geburtstag – Glorioses Plattendebüt des schwedischen Dirigenten beim Gelblabel

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Herbert Blomstedt über die „himmlischen Längen“: „Wir möchten ja nicht, dass der Hörer sich langweilt und sagt: ‚Oh noch einmal‘…. Sondern es muss so klingen wie ein Segen: ‚Ah, noch einmal!‘….“

So rar wie wahr: 2024 wird Herbert Blomstedt nach seinem Dirigenten-Debüt 1954 mit dem Stockholmer Philharmonischen Orchester 70 Jahre lang an den Orchesterpulten dieser Welt gestanden haben. So lange laufen auch seine diversen Verträge mit Konzertveranstaltern. Am 11. Juli 2022 wurde der ganz ohne Divenallüren, pathetische Gesten und Oberflächenglanzglitter auskommende Musiker 95 Jahre. Aus diesem Anlass veröffentlichte die Deutsche Grammophon – als Labeldebüt – die im November 2021 im Gewandhaus als Studioproduktion aufgenommenen Interpretationen von Schuberts „Unvollendeter“ in d-Moll D. 759 und der Großen C-Dur Symphonie D. 944. Es ist nicht die erste Befassung Herbert Blomstedts mit dem symphonischen Schaffen von Franz Schubert auf Tonträgern. In den frühen 80-er Jahren hat er als Chefdirigent der Staatskapelle Dresden eine Gesamteinspielung des gesamten symphonischen Werks Schuberst bei VEB Deutsche Schallplatten Berlin vorgelegt. Viele Musikfreunde halten diese klanglich immer noch vorzüglich klingenden CDs aus der DDR für das Non plus Ultra der Schubert-Rezeption abseits der historisch informierten Aufführungspraxis. Damals war Blomstedt nicht unbedingt rascher unterwegs als heute, wo vor allem das Allegro moderato der h-Moll Symphonie und die Sätze 1, 2 und 4 der Großen C-Dur länger dauern als vor 30 Jahren. Der Grund dafür liegt darin, dass Blomstedt nun alle Wiederholungen wie notiert spielen lässt, weil im Autograph eben nicht „ad libitum“ vermerkt ist. Außerdem lag Blomstedts erster Aufnahme noch die alte, von Brahms redaktionell überarbeitete und nach heutigen Standards in vielem fehlerhafte Schubert-Ausgabe zugrunde.

Wie der deutsche Kapellmeister Günter Wand – seine legendäre etwa von Elisabeth Schwarzkopf in den Himmel gelobte Einspielung aller Schubert Symphonien mit dem Kölner Rundfunk Sinfonieorchester sei in diesem Zusammenhang wieder erwähnt und empfohlen – hat der in den USA geborene schwedische Dirigent erst relativ spät den Kultstatus erlangt, den er jetzt zu Recht genießt.

Maßgebliche Stationen seiner Ausbildung waren die Juilliard School of Music in New York, die Akademie in Darmstadt sowie die Schola Cantorum in Basel für Renaissance- und Barockmusik. Er wirkte als Assistent von lgor Markevitch in Salzburg und von Leonard Bernstein in Tanglewood. Nach frühen Engagements in skandinavischen Ländern stand Blomstedt von 1975 bis 1986 als Chefdirigent der Staatskapelle Dresden vor, er hatte Posten inne von 1977 bis 1982 als erster Kapellmeister des Symphonieorchesters des Schwedischen Rundfunks, von 1985 bis 1995 als Chefdirigent des San Francisco Symphony Orchestra und 1996/97 als Chefdirigent beim NDR-Sinfonieorchester in Hamburg. Als Nachfolger von Kurt Masur wurde Blomstedt 1998 zum 18. Kapellmeister des Gewandhausorchester Leipzig gekürt. In San Francisco, Leipzig, Kopenhagen, Stockholm, Dresden, bei den Bambergern und dem NHK Symphony Orchestra Tokio ist er Ehrendirigent. Seit 2019 ist er außerdem Ehrenmitglied der Wiener Philharmoniker.

Blomstedt legt mit dem Leipziger Gewandhausorchester ganz wunderbar ausgewogene, und dennoch in allen Schubertischen Höhen und Tiefen beheimatete Lesarten dieser zwei Spitzenschöpfungen aus dem symphonischen Standardrepertoire vor. Was spannungsvolle Artikulation, schroffe Akzente, dynamische Kontraste und himmlische Legatophrasen anlangt, ist der auf Formvollendung bedachte Dirigent ganz den Partituren verpflichtet. Als Hörer bekommen Sie Schubert und nochmals Schubert. Diese Sicht steht in einer langen Tradition des Orchesters, das die Große C-Dur Symphonie unter der Stabführung von Felix Mendelssohn-Bartholdy am 31. März 1839, also über ein Jahrzehnt nach Schuberts Tod, in Leipzig uraufführte. Blomstedt selbst verweist auf die gewachsene Fähigkeit des Orchesters, die Bedeutung hinter den Noten aufzuspüren. Blomstedts Interpretationen sind in keinem Fall weniger dringlich zu rezipieren, als gleichermaßen berühmte Aufnahmen aus der Goldenen Ära der Originalklangbewegung wie diejenigen von Harnoncourt, Norrington oder Roy Goodman. Vielleicht mit dem kleinen Unterschied, dass bei Blomstedt nichts gewollt oder eckig klingt.

Fazit: Die Musik ist ein Wunder, das musikantisch unaufdringliche Dirigat voller profundem Wissen um Form und emotionale Tiefe, die Aufnahmetechnik in ihrer enormen Raumstaffelung und Transparenz vom Allerfeinsten. Warum also zögern? Zugreifen!

Tipp: Filmporträt „Herbert Blomstedt – Wenn die Musik tönt, wird die Seele angesprochen“ https://www.ardmediathek.de/video/lebenslaeufe/herbert-blomstedt-wenn-die-musik-toent-wird-die-seele-angesprochen/mdr-fernsehen/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy81OTU0YTMxZC0zMjgyLTQ5ZGYtYmIyYi1jOTQyYmY2YjAzMzA

Video verfügbar bis 09.10.2022, 23:10 Uhr

Nächste Termine

Donnerstag, 25.08.2022, 20h00 Felsenreitschule Salzburg

Gustav Mahler Jugendorchester, Franz Schubert, Symphonie Nr. 3 D-Dur D 200, Jean Sibelius, Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 43

Samstag, 27.08.2022 19:00 Uhr, Kloster Eberbach Eltville

Bruckner: Sinfonie Nr. 7 E-Dur

Rheingau Musik Festival

Montag, 29.08.2022 20:00 Uhr, Frauenkirche Dresden

Gustav Mahler Jugendorchester

Bruckner: Sinfonie Nr. 7 E-Dur WAB 107

Mittwoch, 07.12.2022 19:30 Uhr, Tonhalle Zürich

Berwald: Sinfonie Nr. 2 D-Dur „Capricieuse“, Schubert: Sinfonie Nr. 4 c-Moll D 417 „Tragische“

Donnerstag, 08.12.2022 19:30 Uhr, Tonhalle Zürich

Berwald: Sinfonie Nr. 2 D-Dur „Capricieuse“, Schubert: Sinfonie Nr. 4 c-Moll D 417 „Tragische“

Freitag, 09.12.2022 19:30 Uhr, Tonhalle Zürich

Berwald: Sinfonie Nr. 2 D-Dur „Capricieuse“, Schubert: Sinfonie Nr. 4 c-Moll D 417 „Tragische“

Freitag, 16.12.2022 20:00 Uhr, Konzerthalle Bamberg

Bamberger Symphoniker, Schubert: Sinfonie Nr. 4 c-Moll D 417 „Tragische“, Berwald: Sinfonie Nr. 2 D-Dur „Capricieuse“

Samstag, 17.12.2022 20:00 Uhr, Konzerthalle Bamberg, Bamberger Symphoniker

Schubert: Sinfonie Nr. 4 c-Moll D 417 „Tragische“, Berwald: Sinfonie Nr. 2 D-Dur „Capricieuse“

Donnerstag, 08.06.2023 20:00 Uhr, Elbphilharmonie Hamburg, Leonidas Kavakos, NDR-Elbphilharmonie Orchester

Brahms: Violinkonzert D-Dur op. 77, Nielsen: Sinfonie Nr. 5 op. 50

Freitag, 09.06.2023 19:30 Uhr, Musik- und Kongresshalle Lübeck, Leonidas Kavakos, NDR-Elbphilharmonie Orchester

Brahms: Violinkonzert D-Dur op. 77, Nielsen: Sinfonie Nr. 5 op. 50

Sonntag, 11.06.2023 11:00 Uhr, Elbphilharmonie Hamburg, Leonidas Kavakos, NDR-Elbphilharmonie Orchester

Brahms: Violinkonzert D-Dur op. 77, Nielsen: Sinfonie Nr. 5 op. 50

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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