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CD FRANZ SCHUBERT „SCHWANENGESANG“ – ANDRÉ SCHUEN, DANIEL HEIDE; Deutsche Grammophon

19.11.2022 | cd

CD FRANZ SCHUBERT „SCHWANENGESANG“ – ANDRÉ SCHUEN, DANIEL HEIDE; Deutsche Grammophon

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Nach „Die schöne Müllerin“ hat sich der Südtiroler Bariton im März 2021 Schuberts „Schwanengesang unter Studiobedingungen (Markus-Sittikus-Saal in Hohenems) vorgenommen, wie stets von Daniel Heide risikoadäquat begleitet. In den erst vom Verleger Tobias Haslinger posthum als Sammlung/Zyklus zusammengefassten 14 Liedern hat Schubert kurze Zeit vor seinem Tod Gedichte von Ludwig Rellstab, Heinrich Heine und die „Taubenpost“ von Johann Gabriel Seidl vertont.

André Schuen hat schon sehr früh eine Schwanengesang-Aufnahme mit Dietrich Fischer-Dieskau „rauf und runter gehört. Der Sänger bezeichnet den Schwanengesang als seine „größte Liebe unter den Schubert-Liedern, besonders die Heine-Vertonungen“ (Anm: Das sind „Der Atlas“, „Ihr Bild“, „Das Fischermädchen“, Die Stadt“, „Am Meer“, „Der Doppelgänger“). Schuen betont, dass in den Heine-Gedichten eine Geschichte erzählt wird. „Da gibt es schon Parallelen zur Winterreise oder der Schönen Müllerin, denn auch hier finden wir eine verlassene Gestalt, die ausgezogen ist und in emotionale und psychische Grenzbereiche vorstößt. Manchmal verschwimmen dabei Realität und Fiktion wie in ‚Ihr Bild‘. In den Heine-Liedern fällt auch eine Sparsamkeit der Mittel auf, die dem kargen Stil des Dichters entspricht. Da ist keine Note zu viel. Das Lied ‚Am Meer‘ ist eine perfekte Symbiose von Text und Musik, von Heine und Schubert. Vielleicht ist es mein Lieblingslied von Schubert überhaupt.‘

André Schuen kann in den Heine-Liedern wie auch in den Rellstab Vertonungen „Aufenthalt“ und „In der Ferne“ seine prächtig heldisch auftrumpfende Stimme voll aufblühen lassen. Vom spannungsgeladenen Piano bis zum hochdramatischen Aufschrei einer vom Schmerz an den Rand des Wahnsinns gebrachten Kreatur erzählt Schuen diese poetisch, meist sehr ruhelos fiebernden Szenen, das dunkle Innere der Texte in schwarzerdig-rote Rembrandtfarben getaucht. Der ausdrucksstark, apfelrund-saftige Bariton, den Schuen breit und bruchlos von einer mächtigen Tiefe bis zu einer völlig mühelos anspringenden Höhe mit Feingefühl und stilsicher einzusetzen weiß, scheint in Sachen Expansionsfähigkeit und Fülle keine Grenzen zu kennen. Klopft da schon der „Fliegende Holländer“ an der Tür? Auf dem Cover-Foto rückt er zumindest optisch schon in die Nähe der charismatischen Wagner-Figur.

Romantische Liebe und Verlust, Sehnen und Tod sind die Themen, die den Hörer fest im Griff haben. Schuen vermag mit seiner klangschönen, nach wie vor jugendlichen Stimme wie kein anderer vor ihm das opernhaft-bildliche und dämonisch-ungestüme der Musik auf einen Nenner zu bringen.

Prädikat: unverzichtbar.

Die Deutsche Grammophon bietet die Aufnahme auf CD, digital, auch im immersiven Dolby-Atmos-Sound an.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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