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CD FRANCESCO CAVALLI: GLI AMORI D’APOLLO E DI DAFNE – Opern-Gesamtaufnahme mit dem Ensemble Elyma unter Gabriel Garrido, GLOSSA

01.05.2019 | cd

CD FRANCESCO CAVALLI: GLI AMORI D’APOLLO E DI DAFNE – Opern-Gesamtaufnahme mit dem Ensemble Elyma unter Gabriel Garrido, GLOSSA

„Dafne verstand nicht oder wollte nicht verstehen, was Liebe war. Apollo verliebte sich in sie und versuchte durch Schmeicheln und Bitten, Dafne dazu zu bewegen, seinem Willen nachzugeben. Aber als alle Versuche sich als vergeblich erwiesen, begann er damit, sie zu verfolgen, und als sie zum Ufer des Flusses Peneios kam, verwandelte sie sich in einen Lorbeer.“ Busenelli „Gli amori d’Apollo e di Dafne“, Vorwort

Diese prachtvoll schöne, das gesamte Leben in gar nicht immer ernstzunehmende Liebessachen, Jauchzen und Heulen, komödiantischem Übermut und die Vergänglichkeit unseres fragilen Dasein gleichermaßen feiernde frühvenezianische Oper ist nun endlich wieder auf CD nachzuhören. 1640 im Teatro San Cassiano uraufgeführt, hat Cavalli mit seiner zweiten Oper in einem Prolog und drei Akten eine „seltsamen Mischung aus Freude und Traurigkeit“ („strano misto di allegro e tristi“) geschaffen und damit einer Ästhetik der Kontraste und das gesamte Dasein umspannenden Affekte gehuldigt. Im Namen aller Melomanen ist Glossa zu danken, dass abermals die Möglichkeit besteht, dem kreativen Genie dieses Monteverdi-Schülers nachzuspüren. 

In mehreren raffiniert ineinander verschachtelten Handlungssträngen (zusätzlich zu der bekannten Geschichte von Apollo und der keuschen Dafne folgen wir der stürmischen Affäre von Tithon und Aurora sowie von Cephalus mit Procris) wird die „Doppelzüngigkeit der Liebe“ auf eine kurvenreich mäandernde Probe gestellt. „Dies führt zu einem fröhlichen Durcheinander, dessen Ziel vor allem darin besteht, die Götter des Olymp zu entweihen.“ Fast glaubt man sich in eine die Gesellschaft ironisierende Oper Offenbachs hineinkatapultiert , wenn der greise Tithon in vollem Johannistrieb ganz schön angeschmiert dasteht, wenn seine junge Frau Aurora mit dem feschen Cephalus herumschäkert. Cupido wiederum hat seine eigenen Schliche und Wege, sich an Apollo zu rächen, der ihn unehrenhaft als ,Zwergen der Liebe‘ und ,Soldat in Windeln‘ tituliert. Dann gibt es noch zwei alte Ammen, die eine stoisch weise, die andere epikureisch ausschweifend. Es darf geraten werden, wer von beiden hier das letzte Wort hat?

„Mit all diesen Ingredienzien ist „Gli amori d‘Apollo e di Dafne“ die erste echte Oper, die dauerhaft die Grundlagen eins neuen Genres schafft. Apollos Verzweiflung nach der Verwandlung der Nymphe Dafne in einen Lorbeer ist einer der ersten großen Klagegesänge des venezianischen Musiktheaters.“ ist im aufschlussreichen Aufsatz von Jean-Francois Lattarico nachzulesen. 

Die Musik folgt dem florentinischen Prinzip des „recitar cantando“. Vergessen Sie die langweiligen, oft endlosen Rezitative der opera seria. In Cavallis Oper werden wir Zeuge eines oft übergangslosen Aneinanders von rezitativischer Prosodie, ariosen Passagen und echten Arien, allesamt in Musik gegossene poetische Wunder. Rhythmisch reich akzentuierte und melodisch verschwenderische Ensembleszenen (Duette, Terzette, Chöre), drei instrumentale Sinfonias und ein Blumenballett  sorgen für dramaturgische Abwechslung dieser die Metamorphosen menschlicher Leidenschaften und wohl auch Lächerlichkeiten aufs Korn nehmender Oper.

Das renommierte Ensemble Elyma unter seinem Gründer Gabriel Garrido, eigentlich auf barocke Spezialitäten Lateinamerikas spezialisiert, hat diese 2007 und 2008 entstandene, unter allen relevanten Aspekten unglaublich schön musizierte und berührend gesungene Aufnahme jetzt wieder editiert. Die untadelige Sängerriege mit Anders Ahlin (Apollo), Rosa Domínguez (Dafne), Emanuela Galli (Aurora), Stephan Van Dyck (Cefalo), Paola Quagliata (Aore), María Hinojosa Montenegro (Filena) und Furio Zanasi (Alfesibeo) an der Spitze ist Garant für kurzweilige zweieinhalb Stunden an frühbarocken Wonnen. 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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