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CD EDITA GRUBEROVA: Unveröffentlichtes zum 50. Bühnenjubiläum ; BR Klassik

12.06.2018 | cd

CD EDITA GRUBEROVA: Unveröffentlichtes zum 50. Bühnenjubiläum ; BR Klassik

Veröffentlichung: 29.6.2018

Die von BR-KLASSIK anlässlich des 50jährigen Bühnenjubiläums von Edita Gruberova produzierte CD trägt dem in jeder Hinsicht beachtlichen Wirken der Diva Rechnung. Am 19. Februar 1968 debütierte die 21jährige Gruberova als Rosina in Rossinis „Barbier von Sevilla“ am Nationaltheater ihrer Heimatstadt Bratislava. Die Sängerin wird in Erinnerung an ihr Debüt Jubiläumskonzerte an der Wiener Staatsoper (23.6.) und an der Bayerischen Staatsoper München (3.7.) geben. Wer sich die Termine von Edita Gruberova ansieht, wird staunen: Da finden sich beispielsweise zwei Aufführungen von Lucia di Lammermoor am 9. und 13.2.2019 in Budapest. Aber darüber sollen andere berichten.

Auf dem neuen Album sind erstmals neun zwischen Oktober 1983 und Juni 2000 bei Konzerten des Bayerischen Rundfunks mitgeschnittene Aufnahmen zu hören, und zwar Arien aus Opern von Händel („Alcina“), Rossini („Il barbiere di Siviglia“), Donizetti („Lucia di Lammermoor“ und „Linda di Chamounix“), Bellini („Beatrice di Tenda“) und das Couplet der Adele aus Johann Strauß‘ Operette „Die Fledermaus“. Des Weiteren ist Edita Gruberova in Interpretationen von Mozarts „Exsultate, jubilate“ und – zusammen mit den Regensburger Domspatzen – seinem „Laudate Dominum“ aus den „Vesperae solennes de confessore“ sowie Michael Haydns selten musizierter Weihnachtskantate „Lauft, ihr Hirten, allzugleich“ zu erleben.

Bei den auf der CD enthaltenen Ausschnitten ist sehr viel von den Tugenden, aber auch manch Untugend der Edita Gruberova zu berichten. Die Stimme ist im Zeitraum 1983 bis 1997, aus denen fast alle Aufnahme stammen, wohl auf dem Höhepunkt der Möglichkeiten gewesen: eine markant eigentimbrierte metallisch leuchtende Mittellage, leicht anspringende zumindest bis zum hohen Es sichere Spitzentöne, eine hohe Modulationsfähigkeit und stupende Pianokultur, ein brillanter Stimmfokus und eine laserscharfe Projektion, mit zunehmender Erfahrung auch eine riesige Palette an rein vokalen Ausdrucksmitteln. Auf der Sollseite stehen eine wenig belastbare, manchmal substanzlose Tiefe sowie ein ungefähres Anschleifen mancher Akuti.

Der beeindruckendste Ausschnitt auf der CD ist die Wahnsinnsarie aus „Lucia di Lammermoor“ vom 16. Oktober 1983 aus dem Kongressaal des Deutschen Museums München unter der musikalischen Leitung von Lamberto Gardelli. Wie hier Gesangstechnik und Expressivität, virtuosest gestaltete Verzierungen, das Farbenspiel des Soprans und die Seelenpein der Opernfigur ineinandergreifen, gehört zum Besten, was es aus der Ära des Belkanto auf Tonträger zu hören gibt. Bei so viel glänzenden Fiorituren, Koloraturen, Trillern und dem endlos lang gehaltenen Schlusston gerät natürlich auch das Publikum aus dem Häuschen. 13 Jahre später gab es im Prinzregententheater (15. November 1996) ein Konzert, das Pinchas Steinberg dirigierte und wo die Gruberova ihre perfekt ausgefeilte Kunst des Belkanto mit zwei Arien aus „Linda di Chamounix“ (Ah, tardai troppo – O luce di quest‘anima) und „Beatrice die Tenda“ (Ah“ Se un‘urna é a me) demonstrieren konnte. Es ist aufregend und spannend, dem Drahtseilakt solch hochartifiziellen Singens scheinbar ohne Netz zu folgen.

Ich habe Edita Gruberova zum ersten mal Mitte der Siebziger Jahre in Wien und dann in Dutzenden Aufführungen an der Wiener Staatsoper und an anderen Häusern gehört. Begeistert haben mich vorbehaltslos immer ihre stimmlich unnachahmlichen Interpretationen, die unbändige Spiellust und ihre schauspielerische Bravour im komischen Fach. Waren es „Die schweigsame Frau“, die „Fiakermilli“, die „Zerbinetta“ oder eben ihre „Rosina“ aus dem Barbiere di Sevilla und „Adele“ aus der Fledermaus, wie hier auf der CD: Immer war das fantastische „Bühnentier“ Gruberova ganz in ihrem Element. Köstlich ihre „Unschuld vom Lande“ aus dem Stadttheater Lindau vom 15. Juni 2000: So muss Operette gesungen werden, das ist bester stimmlicher Dom Perignon, da ploppen die Korken auch in den Ohren der Zuhörer. Amüsant und thrilling zugleich. 

Tipp: Anfang Juli wird das Label ORFEO in der Reihe „Wiener Staatsoper live“ nun offiziell  die Wiener Premiere von Donizettis „Lucia di Lammermoor“ mit Gruberova, Dvorsky, Manuguerra unter der musikalischen Leitung Patané vom 23.3.1978 veröffentlichen. Diese war „kohlrabenschwarz“ schon auf Myto Records erhältlich, damals gekoppelt mit einem Bonus ihrer ersten Lucia aus Graz 1976 mit Carlo Bergonzi als Partner. 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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