CD Duo Praxedis | John Thomas – Complete Duos for Harp and Piano Volume 3
(toccata classics)
Der walisische Komponist John Thomas (1826-1913) war nicht nur ein herausragender Harfenist am Hof von Königin Victoria, sondern auch ein äußerst begabter Arrangeur und Komponist. Seine Fähigkeit, die Harfe sowohl als Soloinstrument als auch im Duett mit dem Klavier zu verwenden, macht ihn zu einem prädestinierten Sujet für das Duo Praxedis, das sich aktuell mit einer ganzen Reihe von Erstaufnahmen für das britische Label Toccata Classics diesem Werk widmet. Dieses Schweizer Duo, bestehend aus der Harfenistin Praxedis Hug-Rütti und ihrer Tochter, der Pianistin Praxedis Geneviève Hug, engagieren sich seit vielen Jahren für die Neubelebung der vor allem im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert äußerst beliebten Duo-Besetzung „Harfe plus Klavier“ – mittlerweile liegen circa 15 Tonträger vor. Mit einer vergleichbaren Gründlichkeit und Kontinuität muss der Waliser John Thomas vorgegangen sein, als er sich das ganze vorhandene Musikrepertoire seiner Zeit für seine Harfe und eben auch ein begleitendes Klavier passend machte. Das Volume 3 stellt explizit John Thomas‘ intensiven Bezug zur Opernwelt heraus.
Thomas widmete sich ausgiebig Komponisten wie Charles Gounod, Julius Benedict, Giuseppe Verdi und Gioacchino Rossini, aber er mischte sich auch selbst als Komponist ein, was auf der vorliegenden Aufnahme ebenfalls dokumentiert ist. Ein Duett aus Charles Gounods Faust ist ein Beispiel dafür, wie musikalische Motive oder Themen aus der großen Welt der Oper in der Kombination aus Harfe und Klavier eine neue, verfeinerte Dramaturgie entfalten und wie das Duo Praxedis die emotionale Intensität und den dramatischen Ausdruck in der eigenen viel leichtfüßigeren Klangpalette zu erfassen weiß. „Miserere“ aus „Il Trovatore“ von Giuseppe Verdi ist eine berührende Arie, die die tiefen emotionalen Qualen der Hauptperson aufzeigt. Auch hier konzentriiert das neue Arrangement für Harfe und Klavier die emotionale Intensität des Originals. In einer Bearbeitung von „Il balen del suo sorriso – Di tale amor“ aus Verdis „Il Trovatore“ treiben die beiden Schweizerinnen die lyrische Schönheit und Leidenschaft auf die Spitze. Tiefe und Intimität mit leisen Tönen zu erzeugen, aber auch mit viel zupackender Dynamik aufzutrumpfen, wenn es angezeigt ist – das ist ohnehin die Spezialität dieser beiden so sehr aufeinander eingeschworenen Musikerinnen. „Dal tuo stellato soglio“ ist eine ergreifende Arie aus Rossinis Oper „Mosè in Egitto“, in der auch viel spirituelle Tiefe lebt. Festlich geht es zu Sache im „Coronation March“, in dem John Thomas selbst auf die königliche Krönungszeremonie anspielt. Ganz anders, nämlich viel anmutiger, spielt das Duo Praxedis in einem Walzer von Luigi Venzago auf, den John Thomas für Harfe und Klavier arrangiert hat. Dies sind nur einige Beispiele, in welchen die weitgespannte Palette dieser Erstaufnahmen und die feine Interpretationskultur des Duo Praxedis anschaulich wird. Auf jeden Fall ist dieses Volume drei ein anregendes Hörerlebnis, bei dem die ganze reiche Darstellungslust des Musiktheaters überzeugend in die leichtfüßige Interaktion von Klavier und Harfe einfließt.
Stefan Pieper
r