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CD DETLEV GLANERT: OCEANE – live Mitschnitt aus der Uraufführungsserie 2019 an der Deutschen Oper Berlin – OEHMC Classics

07.02.2020 | cd

CD DETLEV GLANERT: OCEANE – live Mitschnitt aus der Uraufführungsserie 2019 an der Deutschen Oper Berlin – OEHMC Classics

 

Detlev Glanert, die sichere Nummer für süffiges zeitgenössisches Operntheater, hat im Auftrag der Deutschen Oper Berlin die Oper Oceane, ein Sommerstück für Musik in zwei Akten auf Basis des Librettos von Hans-Ulrich Treichel (wie schon bei seiner Oper Caligula) frei nach „Oceane von Parceval“ von Theodor Fontane komponiert. Die Geschichte rund um die geheimnisvolle schöne Oceane, die die gängigen gesellschaftlichen Verhaltensweisen missachtet und damit zur Ausgestoßenen wird, setzt Glanert in eine moderat moderne Tonsprache, die in Schlüsselszenen verblüffend der Elektra von Richard Strauss ähnelt. Aber auch den Konversationston, der für die Gesellschaft in dem abgewirtschafteten Hotel von Madame Louise am Meer verwandt wird, und die Tanzrhythmen am dortigen Sommerball, beherrscht Glanert vortrefflich. 

 

Die unglückliche Liebesgeschichte zwischen dem jungen Gutsbesitzer  Martin von Dircksen (Nikolai Schukoff) und Ocenae (Maria Bengtsson)  bildet nicht den Rahmen, sondern die darin eingepflanzte Nebenstory in dieser ganz um die Person der Oceane zentrierten Handlung. Das weitere Personal des Stücks bildet die sich nach der Stadt Paris verzehrende Hotelbesitzerin Madame Louise (Doris Soffel), ihr Diener Georg (Stephen Bronk), der Privatdozent Albert Felgentreu  (Christoph Pohl), der moralinsaure Pastor Baltzer (Albert Pesendorfer)  sowie Kristina (koloraturversiert Nicole Haslett).

 

Die Stärken der Partitur liegen in dem dicht geflochtenen, überwiegend spätromantisch grundierten Orchestersatz, der virtuosen ungemein farbigen Instrumentierung und der gekonnten Dramaturgie. Von den Solisten wird teilweise Aberwitziges an hohen Noten und damit so manch schriller Ton abverlangt. Insgesamt überzeugt die stets solide vokale Seite der Uraufführung, besonders seien als herausragende Sangesleistungen Maria Bengtsson und Doris Soffel hervorgehoben.

 

Wie schon bei der szenischen Aufführung (eindrücklich die ins Symbolistische tauchende Regie von Robert Carsen mit hoher bühnenästhetischer Note), verfehlen das in impressionistische Nebel getauchte gespenstisch Atmosphärische der Partitur und die ekstatischen Ausbrüche der nach Freiheit suchenden Oceane ihre Wirkung nicht. 

 

Eigentlich ist Oceane ein Winterstück der Gefühle, ein fahler Wink aus dem Totenreich, ein Wirbelwind an unerfüllten Sehnsüchten und kleinkarierter Überforderung der Protagonisten, ein schwarzes Stück der Vorurteile. All das fasst Glanert in eine eigene großteils faszinierende Tonsprache, die – auch das sei gesagt – bisweilen an Überdruck leidet. Donald Runnicles leitet das glänzend disponierte Orchester der Deutschen Oper Berlin.

 

Tipp: Oehms Classics hat auch die Mitschnitte der in letzter Zeit an der Deutschen Oper Berlin uraufgeführten Opern „Edward II“ von Andrea Lortenzo Scartazzini und „L‘Invisible“ von Aribert Reimann herausgebracht. 

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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