CD Dante-Sinfonie von Liszt bei audite erschienen
Triumph der Kunst
Neue CD mit der „Dante-Symphonie“ von Franz Liszt bei audite erschienen/ Sehr selten hört man Franz Liszts „Künstlerfestzug zur Schillerfeier“ S. 114. Das lyrische Thema „dolce espressivo“ wird von Horn, Streichern und Harfe in bewegender Weise vorgestellt. Allmählich tritt das gesamte Orchester hinzu, was akustisch eindringlich gelingt. Die Staatskapelle Weimar musiziert unter Kirill Karabits wie aus einem Guss. Eine Entdeckung. Zum 100. Geburtstag Goethes im Jahre 1849 hatte Liszt die Tondichtung „Tasso. Lamento e Trionfo“ S. 96 geschrieben. Die Gestalt des Dichters, der in Ferrara liebte und litt, in Rom gerächt wurde und noch heute in den Volksgesängen Venedigs lebt, stellte Liszt in seiner Komposition zunächst unter das Motto der Klage (Lamento), die dem schmerzvollen Ringen des Dichters galt. Dann lebte der Sieg (Trionfo) auf, wie er sich im Triumph seiner weiterlebenden Kunst manifestierte. Gerade diesen Moment arbeitet der einfühlsame Dirigent Kirill Karabits mit der Staatskapelle Weimar auf dieser CD facettenreich heraus. Der Aufbau rund um das Tasso-Thema bleibt so jederzeit nachvollziehbar. Die ganze Ausdrucksskala vom Schmerz bis zum Jubel kommt bei dieser Einspielung zum Vorschein. Und die Schilderung des prunkvollen Hoffestes in Ferrara fasziniert mit schillernden Klangfarben. Noch packender gelingt Kirill Karabits zusammen mit der mit glühender Emphase aufspielenden Staatskapelle Weimar allerdings die Wiedergabe der Symphonie zu Dantes „Divina Commedia“ S. 109, die mit Liszts Faust-Symphonie harmonisch durchaus verwandt ist. Inferno (Hölle) und Purgatorio (Läuterung) mündet hier in ein eindringliches Magnificat als Lobegesang der Geister an den Herrn. Es nimmt die Stelle des dritten Satzes ein. Das Paradiso vertonte Franz Liszt auf Richard Wagners Rat nicht. Die Staatskapelle Weimar durchmisst unter der energischen Leitung von Kirill Karabits alle kontrapunktischen Stadien mit Bravour. Drohend mahnen die Posaunen: „Per me si va nella citta dolente“ („Durch mich geht man ein in die Stadt der Schmerzen“). Dann bricht mit allen harmonischen Schrecken der Lärm der Hölle los. Obwohl das Orchester zuweilen eher distanziert klingt, kommen die chromatischen Fieberschauern trotzdem in aufwühlender Weise zum Ausdruck. Ächzen, Schreien und Stöhnen erscheinen nicht nur in den Streichern, die bei der Staatskapelle Weimar stark und überzeugend besetzt sind. In Harfen, Holzbläsern und Streichern erklingen Liebesweisen, die von der Staatskapelle Weimar unter Karabits leidenschaftlich musiziert werden. Der Dichter erblickt schaudernd Paolo und Francesca da Rimini, die wegen ihrer sündigen Liebe zu ewiger Qual verdammt werden. Der Klang- und Melodienzauber ist bei diesen Passagen bestrickend. Die Macht des unerbittlichen „Lasciate“-Themas arbeitet Kirill Karabits mit entfesselter Macht heraus. Sphärenhaft wirkt der „Berg der Läuterung“ im zweiten Teil. Zart verklärte Klänge behaupten sich. So entsteht ein Tonbild von höchstem Zauber für die lichte Ruhe dieser Stätte. Und auch die fromme Melodie besitzt ungewöhnliche Intensität. Der zweite Abschnitt der „Läuterung“ fesselt als Lamentoso-Fuge, deren schmerzlich klagende Zerrissenheit unter die Haut geht. In Demut klingt die Fuge aus. Ausgesprochen milde interpretieren die Damen des Opernchores des Deutschen Nationaltheaters Weimar unter der inspirierenden Leitung von Marianna Voza sowie der Knabenchor der Jenaer Philharmonie unter Berit Walther dieses „Magnificat“. So liegt mystische Weihe über dem Marianischen Lobgesang, dessen grandioses „Halleluja“ dieses Meisterwerk prunkvoll ausklingen lässt.
Alexander Walther