CD: Daniel-François-Esprit Auber: OVERTURES • 4 – Moravian Philharmonic Orchestra, Dario Salvi
Vergnügliches Eintauchen in die Welt von Aubers Ouvertüren!
Label Naxos macht Tempo und so ist bereits die fünfte CD mit Ouvertüren aus dem reichen Oeuvre, mehrheitlich Opéras comiques, von Daniel-François-Esprit Auber beim erschienen.
Auber, Overtures vol. 3: https://www.naxos.com/catalogue/item.asp?item_code=8.574007
Auber, Overtures vol. 2: https://www.naxos.com/catalogue/item.asp?item_code=8.574006
Auber, Overtures vol. 1: https://www.naxos.com/catalogue/item.asp?item_code=8.573553
Auber, Overtures: https://www.naxos.com/catalogue/item.asp?item_code=8.574005
Die Opéra comique gehört neben der Grand Opéra und dem Drame lyrique zu den drei Gattungen, die die französische Oper des 19. Jahrhunderts prägen. Die Opéra comique ist aber auch, was ab und an zu Verwechslungen führt, Institution und Truppe. Auch wenn schon vorher Stücke mit dieser Gattungsbezeichnung existierten, setzt die Wissenschaft den Beginn der Geschichte der Opéra comique mit der Vereinigung der Comédie Italienne und die Opera-Comique unter dem Namen Comédie-Italienne bzw. Theatre-Italien im Februar 1762 an. Schon 1780 erhielt die Institution offiziell den Namen Opera Comique, wenngleich die Öffentlichkeit und in der Presse noch bis 1793 an dem Begriff Comédie-Italienne festhielten. Die Entstehung und Geschichte der Opéra comique ist geprägt durch Streitigkeiten mit der Comédie-Française, die ihr den Dialog auf der Bühne verbieten ließ, und mit der Opéra, die gegen die Verwendung von Musik und Tanz vorging. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass die aus dem Volkstheater des 17. Jahrhunderts entstandene Opéra comique zu wenig elitär war. Eine grosse Blüte, gerade auch als Pendant zu Grand Opéra erlebte die Opéra comique in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Charakteristikum der Opéra comique ist, wie von Anfang an, grundsätzlich der Wechsel zwischen gesprochenem Dialog und gesungenen Nummern, wohingegen in der Grand Opéra „nur“ gesungen wird. Für die Stoffwahl der Opéra comique war von Anfang an das literarische Bemühen wichtig, stets zeitgemäße und zeitkritische Stoffe (von der Farce, Parodie, Sittenkomödie bis zum realistischen, historischen oder politischen Drama) auf die Bühne zu bringen, während dem sich die Grand Opéra auf grosse historische Stoffe verlegte. Opéra comique war von Anfang an immer auch Parodie: In der Anfangszeit auf die Tragédie lyrique, dann auf andere Opern und die Parodie wird dann auch ein ganz wichtiges Charakteristikum ihrer Spätzeit und ihrer Nachfolgerin, der Operette. Zu den Schwierigkeiten der Rezeption gehört einerseits das Sprachproblem, dass die Opéra comique ganz wesentlich auch von der Sprache lebt und deren Eigenheiten nur sehr schwierig übersetzt werden können und andrerseits die heutige Geringschätzung gegenüber der „leichten“ Muse.
Daniel-François-Esprit Auber, 1782 in Caen geboren und 1871 im belagerten Paris gestorben, zählt zu den wichtigsten französischen Komponisten seiner Zeit. Zusammen mit Halévy, Meyerbeer, Rossini, Spontini, Beethoven und Mozart gehört er zum erlauchten Kreis jener Komponisten, die als würdig erachtet wurden in den Nischen über der Loggia des Palais Garnier mit vergoldeten Bronzebüsten verewigt zu werden. Auber erlebte selbst vier Revolutionen in Frankreich (1789, 1830, 1848 und 1870) und die Aufführung seines ernsten Hauptwerks «La Muette de Portici» («Die Stumme von Portici») in der Oper von Brüssel am 25. August 1830, anlässlich des 58. Geburtstages von König Wilhelm I. der Niederlande, befeuerte massgeblich die Belgische Revolution. In Eugène Scribe fand Auber seinen kongenialen Partner und Librettisten, ähnlich wie Giuseppe Verdi mit Francesco Maria Piave. Scribe verfasste auch die Libretti zu den weiteren Hauptwerken Aubers wie «Fra Diavolo» und «Le domino noir» und zu den Werken, «Le Philtre» und «Gustave III. ou Le bal masqué», die die Grundlage der Meisterwerke anderer Komponisten (Donizettis Liebestrank und Verdis Maskenball) bildeten.
Die vierte CD umfasst Ouvertüren und Entr’actes, teilweise als Weltersteinspielung, aus den Opern
«Le Duc d’Olonne» (AWV 35; 1842), «Fra Diavolo, ou I’Hôtellerie de Terracine» (AWV 18; 1830), «Le Philtre» (AWV 20; 1831), «La Fete de Versailles/Divertissement de Versailles» (AWV 29; 1837), «Actéon» (AWV 26; 1836) und «La Fiancee du Roi de Garbe» (1864)
In den Ouvertüren und Entr’actes kann aber Auber sein Talent zur Instrumentierung gerade auch deshalb voll ausspielen, da seine Uraufführungen in der Kulturhauptstadt des 19. Jahrhunderts, Paris, stattfanden und er an der Opéra und der Opéra comique die besten Opernorchester seiner Zeit zu Verfügung hatte. «Fra Diavolo, ou I’Hôtellerie de Terracine» (1830) gehört zu Aubers bekanntesten Werken, «Le Philtre» (1831) inspirierte Felice Romani und Gaëtano Donizetti zu «L’elisir d’amore».
Dem Moravian Philharmonic Orchestra gelingt es unter Dario Salvi hervorragend die Qualitäten von Aubers Musik, die von militärischem Schmiss über lyrische Emphase bis zu südländischer Vitalität und Lebensfreude reichen und seine exquisite Instrumentierung aufs Vorzüglichste umzusetzen.
Vergnügliches Eintauchen in die Welt von Aubers Ouvertüren!
07.06.2021, Jan Krobot/Zürich