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CD COLIN DE BLAMONT: LES FÊTES GRECQUES & ROMAINES, Ballet héroique en un prologue er trois entrées – Weltersteinspielung; Château de Versailles Spectacles

19.05.2024 | cd

CD COLIN DE BLAMONT: LES FÊTES GRECQUES & ROMAINES, Ballet héroique en un prologue er trois entrées – Weltersteinspielung; Château de Versailles Spectacles

Veröffentlichung: 24.5.2024

köni

Louis Fuzelier, ein überaus produktiver Autor und Dramatiker (181 Stücke hat er ver- oder mitverfasst), und François Colin de Blamont taten sich zu dieser „Oper“ zusammen. Für Blamont, Surintendant de la Musique de la Chambre du Roi, war es die erste Bühnenerfahrung. In der hohen Funktion, die er nach de Lalande und Lully bekleidete, war Blamont auch für die Komposition von verschiedenen anlassbezogenen Werken am königlichen Hofe zuständig. „Les Fêtes grecques et romaines“ sollte zur Feier der Volljährigkeit von Ludwig XV. erklingen, wobei der König selbst als Tänzer mitwirken sollte. Daraus wurde aber nichts. Der Tod des Herzogs von Aumont ließ die Festlichkeiten platzen und die Oper wurde für die Académie royale de Musique überarbeitet. Die Szenen, die speziell für Ludwig XV vorgesehen waren, nämlich der Prolog des Apollo und ein Divertissement im Finale, wo der König Kaiser Augustus hätte darstellen sollen, wurden ersetzt.

Fuzelier wollte 1723 mit dieser Ballet héroique nichts weniger als das Genre erneuern. Mehr Tragédie, mehr Noblesse, mehr geschichtlich belegte Figuren als (antike) Mythologie, das waren die schlagendsten Ideen des Dichters, ohne dass die Tanzeinlagen darunter zu leiden hätten. In „Les Fêtes grecques et romaines“ geht es um Liebesgeschichten berühmter Menschen in Verbindung mit spektakulären Ereignissen wie den Olympischen Spielen, den Bacchanalien oder den Saturnalien. Und natürlich kam auch Blamont nicht ganz ohne Ironie und Humor aus.

Da treffen wir auf den feschen Olympiasieger Alkibiados, ein schnell flatternder Schmetterling in Liebesdingen, der nach des Dichters Ansicht den Gleichgesinnten aller Zeiten als schillerndes antikisches Vorbild dienen sollte. Alkibiados verlässt denn auch Timeia für die jüngere Aspasia, die ihn bei den Olympischen Spielen krönen soll. Eine klassische Konstellation, die es noch heute geben soll.

Mark Anton und Kleopatra und die Bacchanalien? Der exzentrische Mark Anton wollte basierend auf einer von Plutarch im „Leben des Antonius“ beschriebenen Szene beim Zusammentreffen mit der schönen und charmanten Königin wie Bacchus aussehen. Ägyptischer Lokalkolorit und Kleopatras Verklärung als Venus, mit der sich Mark Anton vergnügte, sind die Ingredienzien dieses zweiten Bilds.

Dann die karnevalesken Saturnalien der Wintersonnenwende mit dem kitzligen Kopf auf Fuß der sozialen Hierarchien. Der Dichter Tibull, als Sklave verkleidet, darf auf der Bühne seine Liebe zu Delia besingen. Diese wiederum gibt schelmisch vor, keine Ahnung zu haben, wer sie da anbrät. Soll er nur, die schöne wird schon im richtigen Moment ihren Senf dazu geben.

Auch wenn es in diesem heroischen Ballett keine spektakulären Naturszenen gibt, keine Stürme wüten und kein Vulkan Feuer speit, so ließ sich alleine mit der Ankunft von Kleopatras Jacht (mit goldenem Heck und silbernen Rudern) sowie einem nächtlich mit Kronlüstern erleuchteten Garten viel an Bühnenzauber imaginieren.

Rein musikalisch folgt François Blamont seinen Vorbildern Mouret, Destouches, Campra und de Lalande. Melodisch mitreißende Airs, Duette, Terzette, fintenreiche Rezitative, Chöre und vor allem kunstreiche instrumentale Nummern alias Chaconne, Sarabande, Rigaudon, Gigue, Marche, Loure, Menuet, Musette oder Bourrée sorgen für Tempo, Abwechslung und rasche Szenenwechsel. Kurzweil garantiert. Daher waren „Les Fêtes grecques et romaines“ im 18. Jahrhundert ein vom Publikum geschätzter Dauerbrenner. Verbürgt sind Aufführungen an der Académie royale, in Fontainebleau, Troyes, Moulins, Lyon, Nantes, Rouen, Aix-en-Provence und in Brüssel, nicht gezählt konzertante Aufführungen in Versailles.

Die vorliegende Einspielung vom November/Dezember 2023 aus dem Salle des Croisades du Château de Versailles basiert auf der handschriftlichen Partitur aus dem Jahr 1741. Im Jahr 1770 war dann endgültig Schluss mit dem Stück. Der 28-jährige Gambist und Dirigent Valentin Tournet hat die Ballettoper des Rameau-Bewunderers Blamont mit seinem 2017 gegründeten Ensemble La Chapelle Harmonqiue (umfasst Chor und Orchester auf historischen Instrumenten) in musikalisch stilistisch vorbildlicher wie anregender Weise zu neuem Leben erweckt. Man könnte auch ruhigen Gewissens sagen, diese Ballettoper fetzt, ja sie rockt.

Dabei standen Vokalspezialisten zur Verfügung, die Barockes französischer Provenienz mit italienischem Melos durchzogen schon in ihrer musikalischen DNA haben und allesamt nicht zu toppen sind: Hélène Carpentier (Clio, Timée), Marie-Claude Chappuis (Érato, Cléopâtre), Gwendoline Blondeel (Aspasie, Délie), Cécile Achille (Zélide, Plautine, Une Égyptienne, Une bergère), David Witczak (Apollon, Alcibiade, Marc Antoine) und Cyrille Dubois (Amintas, Un Grec, Eros, Tibulle, Un suivant d’Apollon) entzücken mit Stimmschönheit, akkurater Deklamation und passgenauem Ausdruck.

Ein weiterer Hit im schon reichen Katalog von Château de Versailles Spectacles!

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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