CD CHRISTIAN JOST: TRIO „PIECES FOR A DREAM“ für Trompete, Klavier und Vibraphon; Berlin Classics
Jazz oder Klassik? Simon Höfele (Flügelhorn, Trompete), Frank Dupree (Klavier) und Christoph Sietzen (Vibraphon) brauchen keine Schublade
Erinnerungsfetzen, zu Musik geformte Träume? Komponist Christian Jost schwelgt in seinem 50-minütigen Trio in (atmo)sphärischen Klängen und urwüchsigen Polyrhythmen. Er lässt in den vier Sätzen „Is it safe; Come to me; Driven by a strange Desire; I my Dreams it’s all alive“ alle Instrumente abwechselnd dominieren. Raffinierte Kombinationen aus kantigen Beats, tranceumfangenem Melos und kühnen Harmonien fügen sich in architektonisch weit gespannte Strukturen.
Multiples wird apostrophiert: Da swingt es loungeartig, dann wiederum reiben sich die Klänge forscher und härter. Im dritten Satz verzahnen sich glockige Vibraphonaleatorik und experimentell, improvisatorisch wirkende Trompetenläufe zu einem launigen Duett. Elegische Klangflächen und jungwild schroffes Aufbegehren treffen einander dramatisch-opernhaft.
Jost: „Wie in einem Bergmassiv werden zerklüftete Gipfel, Hochplateaus und endlose Ebenen sukzessive durchschritten.“ Im Booklet gibt Jost detaillierte Beschreibungen der kontrastreichen Klangtopoi. Symphonisch in Dichte und Konzentration, kammermusikalisch instrumentiert, wollen sich Josts „Pieces of a Dream“ in keine Kategorie zwängen lassen. Am Ende ist es am Hörer, ob die Musik als programmatisch-bildhaft oder in ihrer individuellen Wirkung als absolut empfunden wird.
Die Besetzung mit den jungen Meistermusikern Simon Höfele (Trompete), Frank Dupree (Klavier), Christoph Sietzen (Vibraphon) ist glückhaft. In spielerisch virtuoser Selbstverständlichkeit kreieren sie einen Kosmos an gegensätzlichen Stimmungen. Lassen Sie sich von ihren Tonpfaderkundungen ins Ungewisse entführen. Der Ausflug lohnt sich!
Dr. Ingobert Waltenberger