Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

CD C.P.E. BACH: SYMPHONIEN von BERLIN bis HAMBURG, Akademie für Alte Musik, harmonia mundi

27.03.2024 | cd

CD C.P.E. BACH: SYMPHONIEN von BERLIN bis HAMBURG, Akademie für Alte Musik, harmonia mundi

bac

„Diese Musik ist häufig so konstruiert, dass sie zeittypische Erwartungen beim Hörer aufbaut, um sie dann unablässig und vehement zu durchkreuzen. Provokation und Schock sind wichtige Zutaten.“ Georg Kallweit

Die sensationelle Gesamtaufnahme aller Symphonien von C.P.E. Bach ist mit diesem Album als letztem Stein / besser funkelnd geschliffenem Juwel in trockenen Tüchern. Das fast drei Jahrzehnte währende Projekt startete Konzertmeister Stephan Mai, Gründungsmitglied der Akademie für Alte Musik Berlin. Seine Begeisterung für das sinfonische Schaffen des Bach-Sohns und seine „rigorose Klangvorstellungen“ (Konzertmeister Georg Kallweit) haben dieser genial exzentrischen und kontrastreichen Musik neuen interpretatorischen Atem eingehaucht.

Die nunmehr letzte Edition mit den Symphonien Wq. 174 (C-Dur), 176 (D-Dur), 177 (e-Moll), 182/1 (G-Dur), 182/3 (C-Dur), 182/4 (A-Dur) und 182/5 (h-Moll), aufgeteilt unter den Konzertmeistern Mayumi Hirasaki und Georg Kallweit, ist wie die anderen im Studio entstanden. Die Werke stammen aus den Berliner bzw. den frühen Hamburger Jahren des Komponisten. Die Symphonien 182/1 und 182/3-5 entstanden im Auftrag des Barons Gottfried van Swieten, der zur Zeit der Bestellung Gesandter am preußischen Hofe war. C.P.E Bach schrieb sie in Hamburg. J. F Reichhardt äußerte sich so zu den Stücken: „Schwerlich ist je eine musikalische Composition von höherm, keckerm, humoristischerm Charakter einer genialen Seele entströmt.“

Strenge Form verbunden mit einer freien, ja übermütigen Behandlung von Themen sowie launische harmonische Rösselsprünge gehören ebenso zu den Markenzeichen dieses einfallsreichen Komponisten wie die mit dem Begriff „Empfindsamkeit“ gemeinte individuelle Tonsprache und originelle Instrumentierung. Kein Wunder, dass Joseph Haydn von den tonsetzerischen Geistesblitzen, den kitzligen rhythmischen Wechseln und spontanen dynamischen Übergängen beeindruckt war. Insoweit könnte C.P.E. Bach ein Bruder im Frei-(Geiste) des in pannonischer Tiefebene experimentierenden österreichischen Meisters gewesen sein.

Die Pracht der Werke lassen darauf schließen, dass sie für die „opulent inszenierten musikalischen Soireen bei Hofe“ geschrieben wurden, etwa für die von der „Königinmutter Sophia Dorothea, der Königin Elisabeth Christine oder der Prinzessin Anna Amalia regelmäßig veranstalteten Konzerte im Berliner Stadtschloss oder in den Sommerresidenzen Monbijou und Schönhausen.“ Peter Wollny

Manches Mal gehen die Sätze einer Symphonie ohne Unterbrechung des einen in den anderen über, oft ist die Atmosphäre der Allegro- und Presto-Sätze gefühlt jungenhaft übermütig bis hitzig, tänzerisch beschwingt, auf jeden Fall energetisch immens aufgeladen. Die Symphonie Wq. 177 macht da eine Ausnahme, als sie dunklere Gemütsverfassungen adressiert.

Wenn Sie wissen wollen, wie das damals war und wie im positiven Sinn nervenkitzelnd die erlauchten Gäste musikalisch bedient wurden, dann hören sie sich dieses neue Album an. Die Akademie für Alte Musik Berlin ist Garant für die kongenial temperamentvolle Umsetzung all der abrupten Sprünge und Widergänge, sie drückt bei den rasanten Läufen nochmals aufs Gas, bevor unberechenbare Bremsmanöver für angenehme Schwindelgefühle sorgen. Ich persönlich mag das bei C.P.E. Bach, es kann aber sein, dass die anspruchsvoll temporeiche, sehr sportliche Umsetzung der Partituren nicht alle gleichermaßen überzeugt.

Bewundernswert ist auf jeden Fall, wie artikulatorisch markant die Violinen ihre Bogen flitzen lassen und der wunderbare Raphael Alpermann am Cembalo die unbedingten Einlassungen von Holz, Hörnern und Trompeten mit glitzernden Funken garniert.

Tipp: CD einlegen, zurücklehnen, loslegen.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

Diese Seite drucken