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CD: Bruckners e-Moll-Messe und Motetten bei BR Klassik (Label Naxos). Nicht auf den liturgischen Bereich beschränkt

04.05.2024 | cd

NICHT AUF DEN LITURGISCHEN BEREICH BESCHRÄNKT

Bruckners e-Moll-Messe und Motetten bei BR Klassik (Label Naxos)

bruck

Anders als die frühe d-Moll-Messe blieb die 1866 in Linz komponierte e-Moll-Messe nicht auf den liturgischen Bereich beschränkt. Die alten Kirchentonarten stehen bei der Messe in e-Moll von Anton Bruckner deutlich im Mittelpunkt.  Der mit sphärenhafter Leuchtkraft agierende Chor des Bayerischen Rundfunks sowie das Münchner Rundfunkorchester  unter Peter Dijkstra betonen hier die Thematik des Greogrianischen Gesangs sehr eindrucksvoll. Auch die geheimnisvollen ostinaten Bässe kommen nicht zu kurz. Alles besticht durch einen ebenmäßigen gesanglichen Fluss, dessen Intensität nicht nachlässt. Das ohne Streicher agierende Orchester gewinnt den wenigen Bläserstimmen eine große Intensität und innere Klarheit ab, die dem Chor eine große Stütze ist. Das a-cappella-Kyrie zeigt auch bei den wunderbar leuchtenden Fortissimo-Stellen eindringliche Klangfarben der Hörner und Posaunen. Und das schmerzlich-flehende „Kyrie eleison“ fasziniert ungemein durch eine entrückte Intonation. Die Männerstimmen leiten dann intonationsrein zum „Christe eleison“ über. „Gloria“ und „Credo“ überzeugen bei dieser transparenten Interpretation durch kraftvolle Deklamation. Ein Piano-Kirchenton überwiegt bei „et in terra pax“ – und das Fortissimo des „Laudamus te“ zeigt starke dynamische Spannweite. Der herbe und strenge Klang wird bei dieser Wiedergabe überzeugend herausgearbeitet. Manches in der kunstvollen Art der Themenverarbeitung erinnert auch an Palestrina. Leidenschaftliche Steigerungen fehlen hier nicht. Es bricht auch echter „Gloria“-Jubel aus, der sich beim „Qui tollis peccata mundi“ in ergriffene Reife  verwandelt. Machtvoll erklingt dabei die „Amen“-Fuge. Das fast ganz in der Anfangswendung „Patrem omnipotentem“ verankerte „Credo“ besticht durch mystische Andacht. Die Gewissheit der Auferstehung bricht den Bann, bis sich der Richtspruch des „Judicare“ durchsetzt. Bei „Et in spiritum sanctum“ schwillt das Klangbild machtvoll zum siegesgewissen „Amen“ an. Aus heiliger Ruhe weitet sich das „Sanctus“ zum machtvoll strahlenden Bekenntnis der Herrlichkeit Gottes. In ergriffener Stille umkreist das zarte „Benedictus“ das Geheimnis der Göttlichkeit – ein einleitendes Hornthema unterstreicht diesen Ansatz. Der Dirigent Peter Dijkstra lässt das „Agnus Dei“ um Erbarmen flehen, während die tiefe seelische Qual beim „Miserere“ aufscheint. Das dritte „Agnus“ mündet dann in ein flehendes „Dona nobis pacem“, zu dem die Holzbläser sinnvoll an das „Kyrie“ mahnen, ehe die Posaunen einen versöhnlichen Schlusspunkt setzen. Der Chor des Bayerischen Rundfunks glänzt bei dieser akustisch weiträumigen Aufnahme auch bei den a-cappella-Gradualmotetten „Locus iste“, „Virga Jesse“, „Os justi“ und „Christus  factus est“ mit weiträumigem Klangbild und eindrucksvoller dynamischer Transparenz. Hinzu kommen auf dieser CD noch die Motette „Ave Maria“ sowie das Aequale Nr. 1 und Nr. 2 für drei Posaunen  in c-Moll – Zeugnisse von Bruckners unerschöpflicher kontrapunktischer Meisterschaft. Die zweite CD bringt noch eine aufschlussreiche Werkeinführung in „Bruckners Welt“ mit Wiebke Puls, Johannes Silberschneider, Hans Jürgen Stockerl, Hemma Michel und Friedrich Schloffer als Sprecherinnen und Sprecher. 

 

Alexander Walther

 

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