Bridges of Love
Plamena Mangova: Piano
Albena Petrovic: Komposition
solo musica/sony 2020
„Brücken, Inseln und Träume…“ – assoziationsreich geht es auf der aktuellen CD mit Klavierwerken von Albena Petrovic zu. Aber nicht nur die Titelgebung, sondern auch die innere Substanz dieser Stücke bekräftigt den künstlerischen Gesamtplan dieser Komponistin, Pianistin und Musikpädagogin, die heute in Luxemburg lebt. Die neue Einspielung durch die ebenfalls aus Bulgarien stammende Pianistin Plamena Mangova stellt gewissermaßen eine Retrospektive der letzten Jahre dar: Die hier vereinigten Kompositionen stammen aus verschiedenen Jahren und wurden jeweils unterschiedlichen Interpretinnen und Interpreten auf den Leib komponiert. Plamena Mangovas intensiver Spielfluss stellt hier mit neuer Eindringlichkeit den gemeinsamen Nenner heraus.
„Ein Stück auf einer Tonhöhe zu komponieren ist eine geistige Herausforderung, fast wie ein Gehirnjogging. Wenn man das Geheimnis dahinter nicht enthüllt, drücken die Stücke eine gefühlvolle Stimmung aus“ – dieser von Albena Petrovic in den Liner Notes geäußerte Gedanke charakterisiert ihre eigenwillige Manier, das fragmenthaft-unaufgelöste auf einer höheren Ebene zu vereinen. Vielleicht wie ein Film, der nur eine Stimmung verdichtet, ohne die Grunde dafür zu erläutern, denn dies würde schnell aufs Banale hinaus laufen. Diese Stücke klingen meist so, wie sie heißen. Also kommt der „Rätseltraum“ sehr umfassend über einen, in dem Glockenspiele wie Irrlichter die Umlaufbahn kreuzen und später hauchzart gestrichene Berührungen der Klaviersaiten unwirkliche Glissandi freisetzen. Schönheit im besten Sinne wird frei.
Einzelne, repetierte Töne verdichten sich zu kargen, unerbittlich pochenden Motiven. Klangfarben brauen sich zusammen, dringen durch schonungslose motorische Aufladung ins Physische vor. Aber das Tonmaterial, das in solch assoziativen Räumen frei wird, offenbart viel lyrische, manchmal bestürzende Emotion. So wirkt das Spiel von Plamena Mangova und lässt keinen Zweifel daran, dass die Einspielung ein gemeinsames Projekt von Komponistin und Interpretin gewesen sein muss.
„Brücken der Liebe“, das Titel- und Eröffnungsstück bündelt viel dunkle Dramatik, fast schon Tragik. Den eruptiven Massen stehen „außerpianistische“ Gesten, hier auf Tambourin und einer Klangschale zur Seite. „Inseln der Versuchung“ nimmt eine deutlich rätselhaftere Perspektive ein, wo die Stille und das nicht gespielte manchmal noch mehr Gewicht als die tatsächlichen pianistischen Gebilde des Klaviers entfalten.
Albena Petrovic, selbst Pianistin und berufene Didaktin auf dem Instrument komponiert nach eigenem Bekunden nur selten aus dem eigenen Spiel heraus. Umso mehr rückt die spezifische pianistische Handschrift einer bestimmten Spielerin, eines Spieler ins Kalkül. Eines der „ältesten“ Stücke, „Crystal Dream“, hat sie exklusiv für die damals gerade 12 Jahre junge Slowenin Zala Kravos komponiert, wohl wissend, dass die Slowenin mit einer hervorragenden Intuition für neue musikalische Erfahrungen gesegnet ist!
Diese neue, wunderbar organisch wirkende Gesamt-Einspielung durch Plamena Mangova ragt heraus, ohne dass sie das Potenzial der anderen bereits existierenden Interpretationen relativiert. Im Gegenteil: Plamenas nuancierter pianistischer Gesamtüberblick über die ganze Reichhaltigkeit dieser Musik macht neugierig, nun auch mal ins Spiel von Zala Kravos oder Romain Nosbaum einzutauchen. Denn Albena Petrovic imaginäre Trauminseln liefern genug Freiräume für alle.
Stefan Pieper