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CD/Blu-ray Disc WAGNER: GÖTTERDÄMMERUNG – Abschluss des „Rings“ mit dem Hong Kong Philharmonic Orchestra unter JAAP van ZWEDEN – NAXOS

11.11.2018 | cd

CD/Blu-ray Disc WAGNER: GÖTTERDÄMMERUNG – Abschluss des „Rings“ mit dem Hong Kong Philharmonic Orchestra unter JAAP van ZWEDEN – NAXOS

 

Das Hong-Konger Ring-Experiment geht mit dieser am 18. und 21. Jänner 2018 live mitgeschnittenen Götterdämmerung aus der Cultural Centre Hall zu Ende. Jaap van Zweden hat das Unterfangen künstlerisch geleitet. Zuvörderst ihm ist zu verdanken, dass dieser Ring schon jetzt eine Sonderstellung hat und orchestral eine glänzende Wucht und Dramatik in bestem High Definition Sound entfalten kann. Während also von der Orchesterleistung her eine stete Steigerung (Streicher!) festzustellen istund also einem krönendem Abschluss gesprochen werden kann, ist die Sängerbesetzung mit wenigen Ausnahmen bloß (gutes) Mittelmaß. 

 

Waren im Siegfried in den beiden Hauptrollen noch Simon O‘Neill und Heidi Melton aufgeboten (in der Walküre sang Petra Lang die  Brünnhilde und Heidi Melton die Sieglinde), sind jetzt der amerikanische Tenor Daniel Brenna und Gun-Brit Barkmin als Siegfried und Brünnhilde dran. Die zurecht als Salome gerühmte jugendlich dramatische deutsche Sängerin ist zwar mit Abstand die stimmlich beste Brünnhilde in diesem Zyklus, nach langläufigen Begriffen der Wagner-Interpretation ist Gun-Brit Barkmin aber (noch) keine Götterdämmerungs-Brünnhilde. Mit ihrem in allen Lagen klangschönen, doch monochromem, nicht gerade wandlungsfähigem Sopran vermag sie zwar durch gute Technik, expressive Dramatik und stählernes Durchhaltevermögen zu beeindrucken, kann aber in entscheidenden Momenten nicht mit der nötigen Selbstverständlichkeit jene vokalen „Säulen„ setzen, die das hochdramatische Fach eben erfordert. Daher muss diese Götterdämmerungs-Brünnhilde noch eine – wenngleich vielversprechende – Kostprobe bleiben. Das Potential zu künftigen heldischen Abenteuern ist Anbetracht ihrer kräftigen, ruhig geführten Mittellage und guten Tiefe aber  – vor allem wenn man die vierte Szene im zweiten Akt oder den Schlussgesang hört, auf jeden Fall da. Daniel Brenna als Siegfried wiederum kommt im Gegensatz zu seiner Bünnhilde bei der „Hellen Wehr“ an seine absoluten Grenzen, wo er durch Forcieren und steife Höhen leider nicht mit heldischem Glanz aufwarten kann. In der mit zu viel Druck geführten Mittellage klingt die Stimme gaumig. Im Übergangsregister sind Verengungen zu konstatieren, Spitzentöne geraten bisweilen gequetscht. Grosso modo kann er seinen Heldentenor aber der Partitur gemäß den Rhein entlang hinabführen. Ob das genügt, soll jeder Hörer selbst entscheiden. Mir reicht das nicht.

 

Die übrige Besetzung tut ihren Dienst mit dem ihr möglichen Engagement: Charakter- und vibratostark dialogisieren der Gunther des chinesischen Bassbaritons Shenyang und der von den Farben her allzu ähnliche Hagen des routinierten Eric Halfvarson. Die Nornen von Sarah Castle, Stephanie Houtzel und Jenufa Gleich hinterlassen als Figuren kaum Eindruck. Ihnen gleich blass enttäuscht die Gutrune der Amanda Majeski. Michelle De Young vermag als Waltraute stimmlich Großes an düsterer Prophetie und geschwisterlichem Mut zu setzen. Peter Kálman gibt einen hellen Alberich, ist insgesamt eine Empfehlung für diese kurze prägnante Szene wert. Die Rheintöchter – Eri Nakamura, Aurhelia Varak und Hermine Haselböck – harmonisieren sehr gut und werfen auf die Wasserwogen mit ihren jugendlichen Stimmen schön glitzernde Reflexe. 

 

Die vereinten Kräfte des symphonischen Chors aus Bamberg, des lettischen Staatschors und der Hong Kong Philharmonic Chorus sind schlichtweg eine Wucht.

Die differenzierte, durchwegs brillante Leistung des Hong Kong Philharmonic Orchestra bildet das herausragende Element dieses Rings. Jaap van Zweden hat damit eine kräftige Duftmarke in der Wagner-Diskographie, nicht unähnlich den Ring-Versionen des Marek Janowski hinterlassen können. Die Zwischenspiele etwa geraten großartig. Janowksi hatte jedoch im Schnitt bessere Sänger zur Verfügung. Die Aufnahmequalität darf als technisch herausragend gelten, der teilweise vor allem den Sängern aufgepfropfte hallige Klang ist gewöhnungsbedürftig. 

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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