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CD/Blu-ray Audio: ENRIQUE GRANADOS „GOYESCAS“ – ALEXANDER BOYD Klavier, Claudio Records

06.07.2019 | cd

CD/Blu-ray Audio: ENRIQUE GRANADOS „GOYESCAS“ – ALEXANDER BOYD Klavier, Claudio Records

„Goyescas“, also im Stile Goyas geschriebene Musiken, machen einen Gutteil des bekannten Schaffens des spanischen Komponisten Enrique Granados aus: Neben der besprochenen gleichnamigen Oper sind da noch die Tonadillas „La Maja de Goya“ für Stimme und Klavier, einst dankbare Vehikel für spanische Diven wie de los Angeles, Berganza, Lorengar oder Caballé, zu erwähnen.

Auf der vorliegenden Blu-ray Audio nimmt sich der britische Pianist, Komponist und Pädagoge Alexander Boyd nach zwei erstklassigen „Iberia“ CDs von Albéniz wieder spanischen Repertoires an. Und das mit dem goldrichtigen Gespür für alle Facetten dieser herb volkstümlichen und zugleich romantisch hochvirtuosen Musik.

Granados‘ Klaviersuite hat den klingenden Namen „Los majos enamorados“ – die verliebten Majos. Majo ist ein eigentlich unübersetzbares Wort, das aber für das Verständnis der Musik unverzichtbar ist. Nach dem Damen-Conversations-Lexikon von 1834 ist damit folgender spanische, durch Goya bildreich geadelter Volkscharakter gemeint: Ausgeprägter Nationalcharakter in seiner Mischung von Stolz und chevalleresker Galanterie. Er muss Kraft, Jugend, Gewandtheit, Stolz und herausfordernden Trotz besitzen. Der Majo ist ein trefflicher Reiter, sicherer Schütze und erstklassiger Tänzer. Die Galanterie gegen Frauen gehört zu seinen wichtigsten Eigenschaften. So herausfordernd trotzig er gegen Männer ist, so wird er doch nie die Gesetze der Höflichkeit verletzen. Freigebigkeit bis zur Verschwendung, besonders aber unbeschränkt, wenn es darauf ankommt, die Geliebte zu erfreuen, gehört zu seinen unerlässlichsten Eigenschaften. Er ist mäßig im Essen und Trinken und in Allem, nur nicht in der Kleidung und in der Liebe; die Rache für die geringste Beleidigung übernimmt der Majo immer selbst. Einige Morde, wenn es nur kein feiger Meuchelmord ist, erhöhen sein Ansehen. Sein weibliches Gegenbild, die Maja weiß durch Witz, Laune und Koketterie oft den wildesten Majo zahm zu machen; im Notfall aber auch den Dolch gegen den Ungetreuen oder die Nebenbuhlerin zu führen.

Die Suite ist in zwei Teile gegliedert, der erste besteht aus vier Stücken, der zweite aus zwei. Jedes „tableau“ ist einem Pianisten der Zeit gewidmet, außer „Die Maja und die Nachtigall“, die Granados seiner Frau Amparo zugeeignet hat. Alexander Boyd vermag all die sorgenfreien Tanzrhythmen mit launischen Schnörkeln als Ausdruck der dem Augenblick geweihten Lebenslust zu präsentieren. In „Coloquio en la reja“ (=Konversation am Fenster) muss sich der durch Gitter von der Angebeteten getrennte Galan, und damit auch unser Pianist noch mehr anstrengen, um seine Leidenschaft und Sehnsucht klar rüberzubringen. Auch die anderen Titel „El fandango de candil“ (=Candlelight Fandango), „Quesas o La maja y el ruisenor“ („Klagen“), „El amor y la muerte“ (=Liebe und Tod) und „Epilogo – Serenata del espectro“ (=Epilog – Geisterserenade) profitieren von der lautmalerischen Gestaltungskraft und sensiblen Anschlagskultur des Alexander Boyd. Seine Interpretation kann mit den besten im Katalog mithalten, der brillante überaus räumliche High Definiton Sound unterstreicht noch die Empfehlung.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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