CD BENJAMIN MOSER spielt MUSSORGSKY, GERSHWIN und WILD, CAvi-music
Modest Mussorgskys Zyklus „Bilder einer Ausstellung“ in der Urfassung für Klavier war und ist nicht allzu selten ein für maniriert exzessive Selbstdarstellung und gnadenloses Tastenhämmern (‚Das große Tor von Kiew‘) missbrauchtes Virtuosenvehikel. Ganz anders Benjamin Moser, der diesen Zyklus pianistisch in die Reha geschickt hat und jetzt eine wunderbar gelenkig phrasierte, ganz fein und detailreich musizierte Einspielung vorlegt. Da sind sie wieder, diese so reiz- und charaktervollen Miniaturen, diesmal in einem wohltuenden impressionistischen Gewande. Da betrachtet einer still in sich gekehrt einen aufwühlenden Bilderzyklus und macht sich auf dem Notenpapier so seine musikalischen Gedanken dazu.
Die Emotionen werden nicht holloderoh ins Außen geschleudert, als gäbe es kein Morgen mehr. Vielmehr haucht Benjamin Moser den melodischen Linien gestische Eleganz ein, spannt raffiniert rhythmisierte Lichtbögen von einem Motiv zum anderen, pinselt mit austarierter Malpalette das alte Schloss, den Ochsenkarren, das Kükenballett, den Marktplatz vom Limoges. Auf einmal bewegen den Hörer intimere Gefühle, darf er ganz bei sich und der Musik sein.
Stimmungszauber ist es, den Benjamin Moser auf seinem neuen Album beschwört. Da mögen die drei kurzen „Preludes“ von George Gershwin oder die Kostproben aus Earl Wilds Bearbeitung der sieben virtuosen Etuden auf die Gershwin Songs „The Man I love“, „Embraceable You“ und„Fascinatin‘ Rhythm“ zwar aus dem russischen Rahmen fallen, der sangliche Duktus von Mosers Spiels ist auch hier eine Klasse für sich. Mit Earl Wilds Transkriptionen von fünf Rachmaninoff Liedern („In the Silent Night“, „Dreams“, „The Little Island“, „Floods of Spring“, „Where Beauty Dwells“), nach den Worten des Pianisten ‚hochvirtuos und traumhaft lyrisch‘ zugleich, endet eine genussreiche CD, die wieder einmal zeigt, dass wahres Musikantentum abseits von Flitter und Bombast, einfühlsames Interpretieren sowie der entschlossene Mut zur eigenen interpretatorischen Punze sich künstlerisch allemal auszahlen. Bravo!
Dr. Ingobert Waltenberger