Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

CD Barocke Kammermusik aus Frankreich und England mit JOHANNES PRAMSOHLER – Sonaten für zwei Violinen, Triosonaten „The London Album“, „The Paris Album“; Audax Records

22.05.2019 | cd

CD Barocke Kammermusik aus Frankreich und England mit JOHANNES PRAMSOHLER – Sonaten für zwei Violinen, Triosonaten „The London Album“, „The Paris Album“; Audax Records

 

Es muss nicht immer große Oper sein oder spätromantisch pompös auftrumpfende Symphonien. Wenn es draußen bisweilen in jeder Hinsicht zu laut zugeht, dann tut intime Kammermusik, klar strukturiert, mit ihren mathematisch kontrapunktischen Strängen und tänzerischer Leichtigkeit nicht nur dem Ohr gut.  Da gibt es Sonaten in markant rhetorischer Prägung, charmante Scharmützel und expressive Kunstfertigkeit, schlichte Figuren und dramatische Satzfolgen. Jedes Gemüt kann sich daran kühlen. 

 

Einer der besten Barockgeiger der Welt, der in Paris lebende Südtiroler Johannes Pramsohler, ist nicht nur äußerst produktiv im Erforschen der Archive. Er konzipiert immer wieder gut überlegte Programme aus der Welt der Sonaten und Triosonaten. Die abwechslungsreiche musikalische Reise geht da bisweilen nach Deutschland („The Dresden Album“), jüngst wieder nach England und Frankreich.

 

Im wunderbaren Album „Sonaten für zwei Violinen“, das er mit dem Geiger Roldán Bernabé 2017 im Gustav Mahler Saal in Toblach aufgenommen hat, sind Raritäten von Louis-Gabriel Guillemain, Jean-Marie Leclair, Jean-Pierre Guignon und Étienne Mangean zu entdecken.  Im „Paris-Album“ (der Triosonate in Frankreich vor 1700 gewidmet) wird das instrumentale Klangangebot der zwei Barockviolinen um eine Viola da Gamba (Eric Tinkerhess) und ein Cembalo (Philippe Grisvard) erweitert. Dieses sogenannte Ensemble Diderot hat sich der Erforschung und Aufführung des Standardrepertoires der barocken Kammermusik des 17. und 18. Jahrhunderts verschrieben. 

 

Elisabeth Jacquet de la Guerre, Sébastien de Brossard, André Campra, Francois Couperin, Louis-Nicolas Clérambault und Jean-Féry Rebel sind die klingenden Namen, die hinter diesen in Stil und Charakter so unterschiedlichen Werken stehen. Seien es Stücke in italienischer Virtuosität, melancholisch getönte intime Beichten oder höfisch repräsentative Festlichkeit – die Abwechslung in den Stimmungen und (punktierten) Rhythmen, chromatischen Harmonien und starken Dissonanzen erzeugt eine meditative Wirkung beim Hörer. 

 

 

Das Nachvollziehen der musikalischen Linien, das Verfolgen verschlungener kompositorischer Pfade über Höhe und Tiefen hinweg, das sich Baden in der Masse an Noten ist ein Vergnügen, das auch im „London Album“ (Die Triosonaten in England vor 1680) voll ausgekostet werden kann. Robert King, Giovanni Battista Draghi, Henry Purcell, Johann Gottfried Keller, John Blow und Gerhard Diessener sind hier die Musiker, die entweder Engländer waren oder zumindest in London mit ihrer hohen Kunst gewirkt haben. Johannes Pramsohler schließt in seiner Analyse im Booklet zu Purcell ein sehr persönliches, wohl auch kluges politisches Statement ein: „Über die Grenzen des eigenen Landes schauen, das Fremde wertschätzen und sich von neuen Einwirkungen beeinflussen lassen, sind Merkmale, die die Engländer seit jeher auszeichnen. Nur durch diese Offenheit konnte eine einzigartige Musiktradition entstehen, die auch heute noch ungebrochen inspiriert. Dass es so bleiben möge.“ Für andere wird die enorme musikalische Qualität der Interpretation genügend Grund sein, den neuen Alben in Faszination zu lauschen.

 

Die Aufnahmequalität aller drei CDs ist hervorragend. 

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

Diese Seite drucken