CD-Aufnahme mit Kathrin Christians (Querflöte) und dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn bei hänssler CLASSIC erschienen
Mit innerem Bewegungszauber
/ Eruptive Momente herrschen bei Jindrich Felds Konzert für Flöte und Orchester deutlich vor, wo die versierte Querflötistin Kathrin Christians (Opus-Klassik-Preisträgerin des Jahres 2018) die kühnen harmonischen Aufgänge und den Bewegungszauber des dritten Allegro-vivace-Satzes einfühlsam betont. Serielle Kompositionsweisen werden hier harmonisch mit der alten Tradition verbunden. Die Nähe zu Zwölftontechnik, Serialismus und Aleatorik ist unüberhörbar. Das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter Ruben Gazarian begleitet die Solistin so gut, dass das dynamische Gleichgewicht hier stets gewahrt bleibt. Das Adagio für Solo-Flöte, Streichorchester und Percussion von Mikis Theodorakis blüht bei dieser einfühlsamen Wiedergabe ebenfalls auf. Die düster-melancholische Stimmung wird von zahlreichen rhythmischen Finessen begleitet, und auch der tröstliche Schlussakkord geht unter die Haut. Ein Höhepunkt ist sicherlich die suggestive Interpretation des Concerto No. 2 op. 148 von Mieczyslaw Weinberg, wo der Prozess der Trauer minuziös verarbeitet wird. Es ist ein Moment, den Kathrin Christians in berührender Weise einfängt. Im mittleren Satz scheint die Solistin eine Seelandchaft zu beschreiben, die ganz tief das Innere des Zuhörers erreicht. Der dritte Satz erinnert dann an einen ausgelassenen Tanzsatz in einem getragenen Tempo. Die eingefügten Teile von Glucks „Reigen der seligen Geister“ sowie der Badinerie aus Johann Sebastian Bachs zweiter Orchestersuite h-Moll BWV 1067 geben dieser Aufnahme eine ungewöhnliche Lebendigkeit und formale Klarheit. Weinberg war gleichermaßen ein Opfer der nationalsozialistischen und stalinistischen Diktatur. Zwischen diesen Extremen wurde er zerrieben. Und der hervorragenden Querflötistin Kathrin Christians gelingt es, diesen seelischen Ausnahmezustand des Komponisten auch musikalisch einzufangen. Intervallschritte, Quarten und Quinten, klare Tonstruktur und ausgeprägte Melodik wachsen immer wieder in berührender Weise zusammen. Das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter der einfühlsamen Leitung von Ruben Gazarian begleitet sie dabei elektrisierend und bewegend zugleich. Es ist eine Aufnahme, die dem Zuhörer aufgrund ihrer ungewöhnlichen Intensität ins Herz geht. Kathrin Christians ist übrigens mit dem dänischen Komponisten Carl Nielsen verwandt.
Alexander Walther