CD „AUF DER JAGD NACH ROMANTIK“ – Bart Aerbeydt, Gijs Laceulle (Naturhorn) und das Freiburger Barockorchester interpretieren Musik von Rosetti, W.A. Mozart, Leopold Mozart, Simrock und Beethoven; aparte
Haben Sie schon einmal eine Schallplatte oder eine CD des Covers wegen gekauft? Bei dem vorliegenden Album mit Konzerten und Kammermusik in Waldhornromantik könnte man dazu versucht sein. Denn die farbenfrohen Schwammerln und Pilze auf weißem Hintergrund, essbar oder giftig, heben die Laune. Mit dem Motto „Jagd“ haben sie zwar nichts zu tun, außer dass sie begehrtes Futter für Wild oder Kleingetier vieler Art sind und im Wald wachsen. Letzterer hat dem Instrument Waldhorn seinen Namen geliehen. Und das nicht ohne Grund. Wie im 18. Jahrhundert Kompositionen unter Einbeziehung von Waldhörnern die aufsprießende Romantik vorstellte, so sehr war die Bewegung mit der ungezähmten Natur und ihrer nun zugeschriebenen Freiheit verbunden: „Mensch und Natur sind das Ergebnis derselben Kräfte, die sowohl in der Materie als auch in unserer Seele wohnen.“ (Giulia Valpione).
Den größeren Hornkonzerten gingen im 17. und 18 Jhdt. Hornduos voraus, die auf dem Album in kurzen Stücken von W.A. Mozart (KV 487/496a) und Heinrich Simrock vertreten sind. Da das Ventilhorn erst ca. 1815 erfunden wurde, half man sich bis dahin mit der sogenannten Stopftechnik. Die Hand im Trichter des Instruments ermöglichte Töne, die „von der temperierten Tonleiter abweichen und sie um solche der diatonischen und chromatischen ergänzen.“ (Claude Maury).
Das Programm des Albums umfasst Musik von 1752 bis zur Wende des 18. zum 19. Jahrhundert und ist für zwei Naturhörner gedacht. Diese Instrumente klingen ungeschliffener und ländlich-erdiger als die späteren Ventilhörner. Berüchtigt sind die sog. Kiekser, die sich unvermeidlich in das Spiel schleichen und auch auf dem gegenständlichen Album nicht ganz vermieden werden. Da ich aber nicht zu den Kiekserzählern gehöre, finde ich die weite Klangpalette dieser Instrumente doch interessanter als die gelegentlichen „Ausrutscher“ etwa bei den Mozartischen Hornduetten. Insgesamt kommt aber eine bewundernswerte Vielheit der Töne im Zentrum des Zielvisiers an.
Meine persönliche Entdeckung des Albums ist das dreisätzige Konzert für zwei Hörner, Streicher und Continuo von Leopold Mozart in Es-Dur, dessen dritter Satz programmatisch und Halali-flotterweise passend ‚la caccia‘ benannt ist. Dass Leopold schließlich seine Kompositionskarriere zugunsten der Förderung seines genialen Sohnes Wolfgang Amadeus zurückstellte, spricht nicht gegen seine Musik, sondern für einen gesunden Instinkt. Das die CD einleitende 1954 entdeckte Doppelkonzert für zwei Hörner und Orchester in Es-Dur von Antonio Rosetti wurde lange Zeit Joseph Haydn zugeschrieben. Erst der amerikanische Musikwissenschaftler Sterling E. Murray hielt Rosetti für den Schöpfer dieses leichtfüßigen, einfallsreichen Stücks.
Den musikalischen Höhepunkt des Albums bildet aber zweifelsohne das Sextett für 2 Hörner, 2 Violinen, Viola und Kontrabass, Op. 81b von Ludwig van Beethoven. Hier können unsere beiden Solisten Bart Aerbeydt und Gijs Laceulle ihre ganze Virtuosität und ihren ungezügelten Spielwitz einbringen. Verstärkt durch einen Kontrabass, hat hier das tiefe Horn das Sagen. „Das zweite Horn markiert den Rhythmus, spielt Arpeggio und andere Sprünge, hat jedoch auch ausgedehnte chromatische Abstiege zu interpretieren.“ Claude Maury
Ergänzt wird das hörenswerte, charmante Album durch Heinrich Simrocks drei Duos für zwei Hörner Op. 2: Kohlsberger (Walze alsacienne, Larghetto, Polaka).
Das Freiburger Barockorchester unter der musikalischen Leitung von Gottfried von der Goltz ist den beiden Hornisten ein lustvoller, temporeicher wie stilkundiger Begleiter.
Dr. Ingobert Waltenberger