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CD: ANTONIO SALIERI: ARMIDA – Les Talens Lyriques, Christophe Rousset. World Premiere Recording

24.01.2021 | cd

CD: ANTONIO SALIERI: ARMIDA – Les Talens Lyriques, Christophe Rousset

 WORLD PREMIERE RECORDING

 «Magisch-heroisch-lieblich, und das Tragische berührend»

Antonio Salieri: Armida (2 CDs) – jpc

 Mit der Aufnahme von Antonio Salieris «Armida» ergänzen Christophe Rousset und sein Orchester Les Talens Lyriques ihre Salieri-Diskographie um ein höchst interessantes Werk und dies in gewohnt superber Art und Weise.

Zu Salieris «Armida» bleiben auch nach den neuesten Forschungen einige Fragen offen: Unklar sind der Auftraggeber und die Umstände, die zur Auftragsvergabe führten, die Wahl von Librettist und Thema wie die Ereignisse, die die Uraufführung am 2. Juni 1771 im Burgtheater zu Wien begleiteten. Marina Mayrhofer stellt im Aufsatz des Booklet die Hypothese auf, dass die massgebliche Figur Christoph Willibald Gluck sei. Gluck, in Wien von Reichsfürst Wenzel Anton Graf von Kaunitz-Rietberg und Graf Giacomo Durazzo protegiert und bestens bei den Freimaurern vernetzt, habe die Auftragsvergabe durch von Kaunitz-Rietberg und Johann Nepomuk Graf Koháry gefördert. Im Vertrauen auf ein Sujet, das sich für eine nach den Kriterien der Reform konzipierte Inszenierung eignete und nicht gegen das seit dem Tode Kaiser Franz I. Stephan bestehende Verbot der tragischen Gattung verstiess, sei der italienische Librettist Mario Coltellini, der mit «Telemaco ossia L’isola di Circe» schon ein thematisch ähnliches Libretto für Gluck verfasst hatte, mit der Abfassung des Libretto beauftragt worden. Mit der erfolgreichen Uraufführung der «Armida» begann Salieris Karriere in der Gattung der Opera seria. Die erfolgreiche Uraufführung festigte Salieris Beziehung zu Gluck, der ihm zeit seines Lebens ein Gönner und Freund war. Wenig begeistert war Florian Leopold Gassmann darüber, seinen Schüler Salieri, den er einst mit Gluck bekannt gemacht hatte, nun an diesen zu verlieren.

Coltellini fokussierte sein Libretto auf den berühmtesten Abschnitt des Armida-Mythos: Armidas Verlust von Rinaldo, der von seinem Gefährten Ubaldo befreit wird. Entsprechend umfasst das Personal nur vier Personen: Armida, die Königin von Damaskus, den Kreuzritter Rinaldo und ihre Vertrauten Ismene und Ubaldo. Das Libretto gelang Coltellini, wie es Salieri einmal formulierte, «magisch-heroisch-lieblich, und das Tragische berührend».

Salieri komponierte eine hochmoderne Partitur, die seine frühe Meisterschaft auf dem Gebiet der Instrumentierung bezeugt. Die Ouvertüre schildert, gestützt durch Regieanweisungen, Ubaldos Ankunft auf Armidas Insel und sein seinen erfolgreichen Kampf gegen die Dämonen, die die Insel verteidigen. Verschiedene Tänze der Nymphen lockern das Geschehen auf, die Anforderungen an die Sänger sind teilweise enorm.

Zur Aufnahme in der Pariser Philharmonie fand vom 10. bis 13. Juli 2020 ein verlässlich hochkarätiges Ensemble zusammen. Lenneke Ruiten als Armida gibt mit purem Wohlklang ein noble Königin und lebt mit ihrer Stimme Armidas Affekte umfassend aus. Absolut auf Augenhöhe agiert Florie Valiquette, die als Rinaldo schlicht begeistert. Teresa Iervolino als Ismene unterstützt mit vollmundigem Mezzosopran ihre Herrin Armida und Ashley Riches richtet als Ubaldo stimmschön Rinaldo den Kopf zurecht.

Der Choeur de Chambre de Namur ist bestens disponiert. Besonderes Lob verdienen die Damen, die die feiernden Nymphen mit ihren Stimmen gleich vor das Auge des Zuhörers rufen.

Mit wunderbar lebendigem, saftigem Spiel zeigen sich Les Talens Lyriques unter Christophe Rousset einmal mehr in Höchstform. Besonders schön gelingen die Hörner und die an Vogelgezwitscher mahnenden Flöten-Soli.

 

Eine jener Aufnahmen, bei denen die Kraft der Musik den Zuhörer zwingt, sie gleich durchzuhören!

 

24.01.2021, Jan Krobot/Zürich

 

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