CD „ANTONIO“ (Lotti, Caldara, Vivaldi) – Countertenor ALEX POTTER singt Alt-Kantaten aus Venedig zu Beginn des 18. Jahrhunderts; Audite
Das norddeutsche Barockensemble „la festa musicale“ erteilt zudem mit Instrumentalmusik von Vivaldi und Caldara erquickliche Energiebooster
Vokal und instrumental Rares von drei venezianischen Antonios hat sich das Leading Team des Albums, der englische Countertenor Alex Potter und das Originalklangensemble „la festa musicale“, vorgenommen: Antonio Vivaldi, Antonio Lotti und Antonio Caldara.
Bei Antonio Caldaras „Sinfonia avanti l’Oratorio ‚La gelosia d’un amore ultimente crudele‘“, „Ave regina Caelorum“, Introduzione zu „Gionata“, Grave/Andante aus „Le profezie evangeliche di Isaia“ handelt es sich um Weltersteinspielungen. In diese Kategorie fallen auch die geistlichen Kantaten „Aurae lenes quae prata fovetis“ und „Sacri amoris aurae amate“ sowie das kurze, aber umso berührendere „Averte faciem tuam“ von Antonio Lotti.
Im Zentrum des Albums steht eines der großen Meisterwerke liturgischer Barockmusik aus Italien, nämlich das „Nisi Dominus“ RV 608 und die Concerti in g-Moll RV 155 und RV 157 von Antonio Vivaldi.
Im Venedig des beginnenden 18. Jahrhunderts, Nabel sinnenfroher Opernkunst und virtuoser Kirchenmusik, spielten der Markusdom sowie die vier „Ospedali Grandi“, die als Vorläufer der heutigen Konservatorien eine profunde musikalische Ausbildung der Schülerinnen garantierten, tragende Rollen.
Antonio Lotti wurde als 20-jähriger nach einer Lehrzeit bei Legrenzi Sänger der Capella Ducale di San Marco, später wirkte er als erster Organist am Markusdom. Die Oper rief bald, nicht nur, weil Lotti mit der Operndiva Santa Stella verheiratet war, sondern weil ihm diese Kunstform von 1717 bis 1719 eine gut bezahlte Anstellung am Dresdner Hof unter August dem Starken sicherte. Wieder retour in Venedig konnte Lotti als Maestro di Capella des Markusdoms in die historischen Fußstapfen von Claudio Monteverdi treten. Die beiden bereits erwähnten Kantaten wurden als fromme Gesänge über Martyrien und Erlösungsbitten wahrscheinlich für eines der beiden Ospedali geschrieben, in denen Antonio Lotti unterrichtete: Ospedale dei Mendicanti oder Ospedale degli Incurabili.
Antonio Caldara, ebenso Legrenzi-Schüler, begann seine musikalische Laufbahn als Cellist und Chorist im Markusdom. Bevor der ausgewiesene Vielschreiber – 3.400 Werke sind insgesamt verbürgt – ab 1716 am Kaiserhof in Wien glänzte, absolvierte er Stationen in Mantua und Rom. Die auf dem Album zu hörenden Instrumentalstücke sind nun erstmals nach Jahrhunderten Dornröschenschlaf wieder zu hören. Christoph Harer befindet in seiner Einleitung „Triple Antonio!“, dass der kompositorische Einfluss, den Caldara auf den Haydn-Vorgänger Gregor Joseph Werner hat, bei den Introduktionen ohrenfällig wird.
Über Antonio Vivaldi muss nicht viel gesagt werden. Bei der wuchtig-virtuosen neunsätzigen Psalmenvertonung „Nisi Dominus“ für Altus, Streicher und Basso continuo, RV 608 handelt es sich um ein frühes Werk des Prete Rosso. Besonders das „Gloria“ hebt sich mit seiner introvertierteren Ausdruckspallette für die Lobpreisung soli deo gloria von anderen Vertonungen deutlich ab.
Alex Potter bringt für diese Werke ein seidig vanilliges Timbre mit dem gewissen Etwas, eine stupende Agilität sowie eine im Legato ebenmäßig ruhige Stimmführung mit.
La festa musicale begleitet den Countertenor stilgerecht und stimmungsvoll, vermag in den Largo-Sätzen mit hellem Ton schöne Melancholieseufzer zu malen und in den Allegri der Vivaldi Konzerte rasende Tempi voller Elan und Lebensüberschwang anzustimmen.
Eine barocke Feststunde für genießerische Melomanen und ein musikalische Lebensfreuden feierndes Konzertpublikum gleichermaßen.
Dr. Ingobert Waltenberger