CD: Angela GhEORGHIU: A TE, Puccini • Vincenzo Scalera
Ein doch gelungener Einstieg ins Puccini-Jahr!
Gheorghius Silberscheibe dürfte einer der ersten im Puccini-Jahr (100. Todestag am 29. November 1924) sein. Es steht zu vermuten, dass noch einige folgen werden.
Für ihre Hommage an den Meister aus Lucca hat Gheorghiu 17 Lieder ausgesucht, als der Komponist zwischen 17 und 61 Jahre alt war. Eines davon, «Melanconia» auf einen Text von Antonio Ghislanzoni, ist eine Weltersteinspielung.
«A te», das erste Lied der der Einspielung entstand 1875 nach einem anonymen Text. Leicht und frisch vertonte Puccini ein Gedicht über einen Verliebten vertont, der sich nur einen Kuss wünscht, um alles zu vergessen! Der Hymnus «Salve Regina» (Text: Antonio Ghislanzoni) entstand um 1882 und wurde später in «Le Villi» zitiert. Stilistisch ist es «Oper im Kirchengewand», zu dramatisch und mit den Wiederholungen zu lang, und entsprechend trägt Gheorghiu es vor. «Storiella d’amore» (1883, Text: Antonio Ghislanzoni) ist wieder die Vertonung einer Liebesgeschichte, nun aber konkreter und handfester als in «A te». Ghislanzoni bearbeitete dazu eine Szene aus Dante Alighieris «La divina commedia», in der das Liebespaar Paolo da Verrucchio und Francesca da Rimini während der Lektüre von Lancelot du Lac romantische Gefühle teilen. Wenn aber die Leidenschaft Gheorghiu packt, neigt ihre Stimme dazu in der Höhe und im Forte scharf zu werden. Aus dem gleichen Jahr, der Komponist ist 25, stammt «Ad una morta» (1883, Text: Antonio Ghislanzoni). Ähnlich dunkle, bedrückend und ahnungsvollen Tönen fand Puccini auch für «Mentia l’avviso» ( um1883; Text: Felice Romani). Hier brilliert Gheorghiu mit ausdrucksvollen Farben und subtiler, zwischen Melancholie und Dramatik wechselnder Gestaltung. «Sole e amore» (1888, Text: anonym), von Puccini Paganini gewidmet, scheint das Abschiedsquartett aus dem 3. Akt von «La Bohème» zu zitieren. Jahre später notierte Puccini selbst auf dem Autographen: «Die erste Saat von La bohème». Die beiden Hymnen «Avanti, Urania!» (1896, zum Stapellauf eines Dampfschiffes, Text: Renato Fucini) und «Inno a Diana» (1897, Text: Carlo Abeniacar) interpretiert Gheorghiu mit deutlich zu viel Verve. Die Stimme beginnt in exponierten Passagen wieder scharf und zusätzlich heiser zu werden. «E l’uccellino» (1899, Text: Renato Fucini) ist ein als Wiegenlied gestalteter Nachruf auf seinen Freund Dr. Guglielmo Lippi. Eine Idee, die auch von Offenbach stammen könnte. Bei den langsamen, sensiblen Passagen des Wiegenlieds wie bei «Terra e mare» (1902, Text: Enrico Panzacchi), das ein Gestade am Meer mit Bäumen im Wind schildert, ist Gheorghiu wieder ganz bei sich und kann wunderbar gestalten. In «Canto d’anime» (1904, Text: Luigi Illica) und «Dios y Patria»(1905, in Buenos Aires al Schulhymne geplant, Text: Matías Calandrelli) wird die Stimme, bei viel Forte und Höhe wieder unangenehm scharf und vor allem heiser. Bei den kleinen Dingen wie «Casa mia, casa mia» (1908, entstanden als Puccini sein Haus verkaufte, Text: anonym), sind die Probleme wieder vergessen. Sowohl «Sogno d’or» (1912, Text: Carlo Marsili) wie «Morire?» (1917, Text: Giuseppe Adami) enthalten Anklänge an Puccinis einzige Operette «La Rondine». Das zum Ende des Ersten Weltkriegs entstandene «Inno a Roma» (1919, Text: Fausto Salvatori) schildert in Marschrhythmen die Schönheiten der ewigen Stadt. «Melanconia» (1883, Text: Antonio Ghislanzoni), das hier als Weltersteinspielung vorliegt, gibt Gheorghiu nochmals Gelegenheit mit ihrer Stimme zu malen.
Ein doch gelungener Einstieg ins Puccini-Jahr!
26.01.2024, Jan Krobot/Zürich