CD: ANDREAS ROMBERG: Symphony No. 1 & 3 – Phion, orchester von Gelderland & Overijssel, Kevin Griffiths
„Reine, klare, saubere Arbeit, ohne Prunk und Flitterstaat“
Der am 27. April 1767 im niedersächsischen Vechta geborene Komponist und Violin-Virtuose Andreas Romberg gehört zu jener Generationen deutschsprachiger Musiker, die lebenslang unter dem Eindruck der Errungenschaften der Wiener Klassiker stand. Romberg, davon zeugt sein reichhaltiges Oeuvre, darunter die Friedrich-Schiller-Kantate «Lied von der Glocke» op. 25 als sein bekanntestes Werk, verfolgte die Wiener Klassik und liess deren Errungenschaften in seine Konzerte einfliessen. 1809 erhielt er von der Universität für seine Verdienste um die deutsche Musik die Ehrendoktorwürde.
Die ersten beiden Jahrzehnte seiner Karriere verbachte Andreas Romberg mit seinem gleichaltrigen Cousin, dem Cellisten Bernhard Romberg. Im Alter von acht Jahren unternahmen sie ihre erste Konzertreise nach Amsterdam. 1782 folgten sie ihren Vätern in den Dienst der fürsterzbischöflichen Kapelle in Münster und wechselten 1790 in die Hofkapelle des in Bonn residierenden Kurfürsten und Kölner Fürstbischofs Maximilian Franz von Österreich. Mit der kriegsbedingten Auflösung der Hofkapelle flüchteten Andreas und Bernhard 1793 nach Hamburg. Dort konnte sich Andreas Romberg erfolgreich etablieren, bis ab etwa 1810 seine wirtschaftliche Situation infolge der napoleonischen Kontinentalsperre und des andauernden Kriegszustandes immer schwieriger wurde. Mit Hilfe von Louis Spohr gelang es Andreas 1815 dessen Nachfolger als herzoglicher Kapellmeister im thüringischen Gotha zu werden, wo er, nach zunehmenden gesundheitlichen Problemen, die zu raschem körperlichen Zerfall führten, am 10. November 1821 starb. Mit dem im 19. Jahrhundert aufkommenden Heroenkult wurden der zu Lebzeiten umjubelte Romberg und sein Werk rasch vergessen.
Die «Ouverture op. 54 Die Großmut des Scipio» (SteR 223) fertigte Romberg 1818 nach seiner letzten Oper von 1816 an. Dem Sujet des siegreichen, aber dennoch menschlich handelnden Feldherrn als Vorbild für herrschende Monarchinnen und Monarchen entspricht der im Werk aufgenommene Ton der Opera seria, die Erweiterung des Orchesters um drei Posaunen und die zarten Soli der Holzbläser verweisen auf die französische Operntradition.
Die «Sinfonie Nr. 1 Es-Dur op. 6» (SteR 7) gehört zu den vier gedruckten (1805 im Verlag Hoffmeister & Kühnel in Leipzig) und sechs erhaltenen von insgesamt 10 Sinfonien Rombergs. Das von Haydn inspirierte Werk entstand in den Jahren 1793 und 1794 in Hamburg. Um die Jahrhundertwende lagen die Aufführungszahlen von Rombergs Sinfonien direkt hinter jenen der Wiener Klassiker: man rühmte sie wegen ihrer „reinen, klaren, sauberen Arbeit, ohne Prunk und Flitterstaat“ („Allgemeinen musikalischen Zeitung“).
Die «Sinfonie Nr. 3 C-Dur op. 33» (SteR 16) entstand um 1797 in Hamburg und wurde 1815 ebenfalls im Verlag Hoffmeister & Kühnel (später C. F. Peters) in Leipzig.
In beiden Sinfonien ist der Eindruck der Errungenschaften der Wiener Klassiker deutlich spürbar, technisch und klanglich geht Romberg aber neue, eigene Wege.
Das 2019 durch die Fusion des Gelders Orkest aus Arnheim und des Orkest van het Oosten aus Enschede entstandene Phion, orchester von Gelderland & Overijssel spielt Kevin Griffiths saftig und mit Verve, so dass die Musik Rombergs fast berauschende Züge annimmt.
Eine echte Bereicherung.
04.02.2021, Jan Krobot/Zürich