Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

CD: André-Ernest-Modeste Grétry: RICHARD COEUR DE LION –  Le Concert Spirituel, Hervé Niquet

Französische Opern-Kultur in Reinform

03.10.2020 | cd

CD: André-Ernest-Modeste Grétry: RICHARD COEUR DE LION –  Le Concert Spirituel, Hervé Niquet

 

Französische Opern-Kultur in Reinform

Andre Modeste Gretry: Richard Coeur de Lion (1 DVD und 1 CD) – jpc

Grétrys Meisterwerk entführt den Zuhörer in die Gegend des mittelalterlichen Linz. Landleute, die von den Feldern heimkehren, treffen in ihrem Dorf auf einen angeblich blinden Troubadour. Allein zurückgelassen gibt er sich als treuer, nur verkleideter Gefolgsmann des entführten und an ungewissem Ort gefangen gehaltenen König Richard zu erkennen. Blondel, der Troubadour beobachtet wenig später wie der Landedelmann Williams seinen Diener Guillot mit einem Billett erwischt, das dieser von Florestan, dem Gouverneur des Schlosses, Williams Tochter Laurette überbringen sollte. Der Landedelmann Williams entpuppt sich als Kreuzzugskumpan Blondels. Das Billett enthält den Termin für ein Stelldichein in der kommenden Nacht, den tagsüber könne er, Florestan, die Festung wegen eines Gefangenen nicht verlassen. Gräfin Marguerite von Flandern und Artois, eine ehemalige Geliebte Richards und auf der Suche nach diesem, trifft mit grossem Gefolge ein. Blondel gibt sich zu erkennen, in dem er auf seiner Geige eine ganz bestimmte Melodie anstimmt.

Richard beklagt seine Gefangenschaft: nur die Gedanken an Marguerite vermögen ihn noch zu trösten. Sein Jammer wandelt sich in Hoffnung, als er aus dem Burggraben die bereits bekannte Melodie hört: um Blondel seine Anwesenheit zu signalisieren, stimmt er ein. Um in die Burg zu gelangen, lässt sich Blondel von den Soldaten als Spion verhaften. Dort verlangt er den Gouverneur zu sprechen: Er gibt sich als Bote Laurettes aus und bestätigt das Stelldichein.

Blondel informiert Marguerite Richard gefunden zu haben und beschliesst mit Williams dessen gewaltsame Befreiung. Die Hochzeitsfeier dient nun als Falle für den Grafen: Florestan wird verhaftet, während dem die Truppen der Gräfin die Burg stürmen und Richard befreien. Richard ist glücklich mit Marguerite vereint. Florestan wird begnadigt und erhält Laurette zur Frau.

„Richard Coeur de Lion“ (21.10.1784, Comédie Italienne, Paris) gilt als das Meisterwerk von André-Ernest-Modeste Grétry (1741-1813), da sich hier ein neuer Stil, die romantische Rettungsoper ankündigt, das historische Sujet und die damit verbundenen Theatereffekte wegweisend für die Grand opéra waren und die Musik die für die Dramaturgie zentrale Rolle (direkter Bezug auf den Text) spielte, so die neunmalige Wiederholung des Chansons „Une fièvre brulante“. Grétry, dessen Erfolg auf seinem den Akzenten der französischen Sprache entsprechenden Gesangsstil, seiner feinen melodischen Ader und den hohen Ansprüchen an seine Libretti beruhte, verhalf der neu entstehenden Opéra comique zu einer ersten, grossen Blüte.

Die Aufnahme, die sowohl als DVD wie auch als CD erhältlich ist, entstand im Oktober 2019 in der Opéra Royal de Versailles.

Orchester und Chor Le Concert Spirituel unter Leitung ihres Gründers Hervé Niquet musizieren – man ist geneigt, zu sagen, wie gewohnt – mit hörbar grösster Hingabe und Leidenschaft. Der Ausdrucks- und Farbenreichtum ist schlicht beeindruckend.

Einmal mehre hat Niquet auch eine Riege tadelloser Solisten, alles Muttersprachler, für seine Aufnahme versammelt. Enguerrand de Hys überzeugt mit kernigem Tenor als viriler Blondel. Der Kampf ist eher sein Ding als „Schöngesang“. Reinoud Van Mechelen mit seinem hellen, hohen Tenor ist ein idealer Kontrast. Mit ihrem wunderbar klaren Sopran gibt Melody Louledjian eine herrliche Laurette. Marie Perbost als Antonio/La Comtesse, Geoffroy Buffière als Williams, Jean-Gabriel Saint-Martin als Urbain/Florestan/Mathurin, Cécile Achille als Madame Mathurin, François Pardailhé als Guillot, Charles, Agathe Boudet als Colette, Charles Barbier als Sénéchal, Virginie Lefebvre als Béatrix und François Joron als Un Paysan ergänzen das grossartige Ensemble.

Absoluter Genuss!

19.09.2020, Jan Krobot/Zürich

 

Diese Seite drucken