CD: André-Ernest-Modeste Grétry: L’AMANT JALOUX – Notturna, Christopher Palameta
Werbung für den eifersüchtigen Liebhaber
Bearbeitung von Opern für kammermusikalische Ensembles waren in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Werbemittel gang und gäbe. Vor der Uraufführung konnte der Komponist so sein neues Werk bewerben, nach der Uraufführung für ein rasche Verbreitung sorgen. Häufig erstellten die Komponisten die Arrangements selbst, aber das Erstellen solcher Arrangements (oder von Klavierauszügen) gehörte oft auch zum täglichen Brot von Komponisten, wie zum Beispiel Georges Bizet oder Richard Wagner, der in seinen Pariser Jahren entsprechende Aufträge von Rossini zugehalten bekam und seinen Brotgeber später doch beschimpfte („Mozart für die Armen im Geiste“).
Das Manuskript der anonymen zeitgenössischen Bearbeitung von Grétrys «L’Amant jaloux, ou Les Fausses apparences», die das Ensemble Notturna unter der Leitung des Oboisten Christopher Palameta für das Label ATMA Classique eingespielt hat, liegt in der Biblioteca Estense di Modena. Das Arrangement umfasst die Ouverture und alle Arien der am 20. November in der Salle de comédies von Schloss Versailles uraufgeführten Opéra comique. Die Pariser Premiere des Werks, das Grétry selbst als „comédie en prose mêlée d’ariettes“ bezeichnete, fand am 23. Dezember 1778 statt. Das Werk, das in der Folge 24 mal gegeben wurde, wurde rasch zu einer der beliebtesten Opern seiner Zeit.
Neben dem Arrangement des eifersüchtigen Liebhabers umfasst die Silberscheibe zusätzlich die Bearbeitung einer Ballettszene aus Grétrys «La Caravane du Caire» (1783) sowie das «Quatuor no 2 en fa majeur pour hautbois, deux violons et basseaus» aus «L’Art de la modulation» (Paris, 1755) von François-André Danican Philidor (1726-1795).
Das «Kammer-Kollektiv» Notturna spielt unter der Leitung seines Gründers Christopher Palameta ausserordentlich konzentriert, lebendig und farbenfroh – ganz im Sinne der Werbung für das Stück.
Hier ist klanglich zu erleben, was sonst eigentlich nur aus Büchern bekannt ist.
28.01.2021, Jan Krobot/Zürich