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CD „AMICI e RIVALI“ – LAWRENCE BROWNLEE, MICHAEL SPYRES und XABIER ANDUAGA singen Duette, Terzette und Szenen aus Opern von GIOACHINO ROSSINI; Erato

Ein goldenes Belkanto Album – als erstes reines Drei-Tenöre Rossini Album schreibt „Amici e Rivali“ Schallplattengeschichte

04.11.2020 | cd

CD „AMICI e RIVALI“ – LAWRENCE BROWNLEE, MICHAEL SPYRES und XABIER ANDUAGA singen Duette, Terzette und Szenen aus Opern von GIOACHINO ROSSINI; Erato

Ein goldenes Belkanto Album – als erstes reines Drei-Tenöre Rossini Album schreibt „Amici e Rivali“ Schallplattengeschichte

Veröffentlichung: 13.11.2020

Gleich eingangs, weil es so wichtig ist: Auf dem Cover scheinen nur die Namen von Brownlee und Spyres auf. Mit von der Partie für diesen köstlichen Reigen an tenoralen Ver- und Entzückungen sind auch der junge spanische Tenor Xabier Anduaga, der in den neapolitanischen Opern Rossinis als Ernesto („Ricciardo e Zoraide“), Iago „(Otello“) und Carlo („Armida“) brilliert als auch die irische Mezzosopranistin Tara Erraught als Elena, Desdemona und Pamyra. Ganz ohne Frauen geht es bei Rossini in dem beinahe 80 Minuten dauernden Album natürlich nicht…

Tenöre aller Art hatte G. Rossini für seine Opern offenbar genügend zur Verfügung. Natürlich mit unterschiedlichen Stimmcharakteristika, Farben und Lagen. Dem neapolitanischen Impresario Domenico Barbaja standen im frühen 19. Jahrhundert solche Kaliber wie der Gastsänger Manuel Garcia (Erstaufführung der „Elisabetta, regina d’Inghilterra“), oder das Duo hervorragend kontrastierender Tenorstimmen Andrea Nozzari und Giovanni David zur Verfügung, wissen Zeitzeugen zu berichten. Wie Isabella Colbran wirkte Andrea Nozzari (eher baritonal gefärbt) in sämtlichen neun Premieren der für Neapel entstandenen Opern Rossinis mit und stand gemeinsam mit Giovanni David (ein veritabler Höhentiger mit geläufiger Gurgel) in fünf davon auf der Bühne. Damals wurden freilich viele Spitzentöne falsettiert, was heute unmöglich wäre oder zumindest als (stimmtechnische) Schwäche angesehen würde.

Amici e Rivali – „Freunde und Rivalen“ – heißt das freudvolle Belkanto-Album mit viel virtuos verspielter Musik, rührseligen Melodien und fetzigen Strettas. Es beschert uns Arien, Duette und Trios aus sieben Bühnenwerken von Gioachino Rossini, geschrieben zwischen 1815 und 1826: „Il barbiere di Siviglia“, „Ricciardo e Zoraide“, „La donna del lago“, „Elisabetta, regina d’Inghilterra“, „Otello“, „Le Siège de Corinthe“ und „Armida“. Als Höhepunkt der CD darf das berühmte Tenorterzett „In quale aspetto imbelle“ aus der letztgenannten Oper gelten.

Lawrence Brownlee verströmt in die historischen Rollen von Nozzari schlüpfend tenorales leggiero Glück pur. Für mich ist er neben Juan Diego Florez der beste Belkanto Tenor der Jetztzeit auf dem Gipfel der stimmlichen Möglichkeiten mit einer sämigen samtigen Mittellage, stets gut gedeckten Spitzentönen auch in olympischen Höhen und gestochen akzentuierten, rhythmisch präzisen Verzierungen. Dazu hat er ein anbetungswürdiges Timbre wie Honig (auch Joyce di Donato hat für seine schön runde Stimme diese Bezeichnung gewählt) und Milch. Trompete, Gitarre du Schlagzeug kann Brownlee übrigens auch.

Michael Spyres, ebenfalls Amerikaner, hat seine Karriere als Bariton begonnen und ist jetzt ein technisch bestens versierter lyrischer Tenor mit metallischen Höhen, der sich erfolgreich schon in dramatischeren Gefilden tummelt (Berlioz, Meyerbeer; Verdi, Beethoven). Er bildet den reizvollen bari-tenoralen Kontrast zu Brownlee. Sein Stimmumfang ist stupend, zudem imponieren das Legato, die satte Tiefe und seine strahlenden Spitzentöne.

Was sagt Lawrence Brownlee über die Chemie der Zusammenarbeit? “Our voices compliment each other because they have similar qualities to the voices that Rossini wrote for – voices which worked together. They are of similar range, but very different vocal color, though we can both handle the challenges of high-lying legato and coloratura. My voice has been characterized as a leggiero or light-lyric tenor, like Giovanni David’s. Michael’s is a lyric tenor, or maybe more specifically a so-called ‘baritenor’, with a darker character, like Andrea Nozzari’s.” David and Nozzari sang together in the first performances of Otello, La donna del Lago and Ricciardo e Zoraide.“

Das Zusammenwirken der beiden amerikanischen Nachtigallen (es singen bei diesen berühmten Vokalartisten aus dem Tierreich ja nur die „ledigen“ Männchen, weshalb jeder Vergleich mit einer weiblichen Stimme ins Leere geht) ist wirklich ein großer Glücksfall. Die beiden haben schon im November 2018 im Concertgebouw Amsterdam miteinander um die Wette tiriliert, das Publikum überrumpelt und dann beschlossen, mit dem Programm ins Studio zu gehen. Beide Sänger verfügen über eine luxuriöse Mittellage, Beweglichkeit und stratosphärische Spitzentöne. Außerdem haben sie dieses gewisse Etwas an Ausstrahlung und Magie der Timbres, das Melomanen erst zu Begeisterungsstürmen hinreißt.

I Virtuosi Italiani, ein auf Barockmusik spezialisiertes Ensemble, das 2019 sein 30-jähriges Jubiläum feierte, sorgt unter der musikalischen Leitung des aus Bergamo stammenden Dirigenten Corrado Rovaris gleichermaßen für Brio und romantisch endlose Melodien. Der Musikchef der Oper in Philadelphia hört auf seine Stars und weiß genau, wo er begleiten bzw. wo er anfeuern und beschleunigen darf. Die Aufnahmen sind im Teatro Ristori in Verona entstanden.

Kostprobe aus Otello „Ah vieni, nel tuo sangue vendicherò le offese“ gefällig? https://www.warnerclassics.com/de/release/amici-e-rivali

Hatten die Melomanen früher lechzend auf das jeweils neueste Album von Sutherland/Horne gewartet, so bietet die nun erschienene CD „Amici e Rivali“ mindestens den gleichen Thrill, wie ihn sich das legendäre (Mezzo)Sopran-Paar einst kolotarurreich ersang.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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