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CD:  7. und 8. Sinfonie von Bruckner mit dem SWR Symphonieorchester (Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR) unter Eliahu Inbal

21.06.2024 | cd

 7. und 8. Sinfonie von Bruckner mit dem SWR Symphonieorchester (Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR) unter Eliahu Inbal

Kompakte Wucht

Neue CDs: Bruckners siebte und achte Sinfonie mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR (jetzt SWR Symphonieorchester) unter Eliahu Inbal bei Naxos erschienen/

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Seit ihrer Uraufführung im Jahre 1884 ist die siebte Sinfonie in E-Dur von Anton Bruckner bis heute am häufigsten gespielt worden. Die reiche Melodienherrlichkeit des Werkes kommt auch in der konzentrierten Aufnahme mit Eliahu Inbal und dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR  überzeugend zur Geltung. Die inneren Beziehungen dieses Werkes zu metaphysischen Assoziationen gewinnen ebenfalls starke Intensität. Aus zart flimmerndem Licht bildet sich das sphärenhafte Thema des Beginns bei dieser Aufnahme heraus, das dann im einfühlsam musizierten zweiten Thema  in Oboen und Klarinetten Gestalt annimmt. Zart wechselnde Harmonien gewinnen eine religiöse Aura, die Eliahu Inbal als Dirigent aber nicht übertreibt. Immer heller glüht hier der Gesang auf, bis plötzlich das dritte Thema mit Tatkraft erklingt. Aus diesen drei Themen entwickelt sich die Durchführung mit erhabener Macht – auch die majestätische Coda kann das SWR Symphonieorchester unter Inbal überzeugend gestalten. Der sehr langsame und feierliche zweite Satz mit seiner Vorahnung von Wagners Tod fesselt bei dieser Wiedergabe mit ungewöhnlichem Klangfarbenreichtum. In dunkler Leidensahnung hebt der Gesang der tiefen Streicher an, wird von  „Wagner-Tuben“ sanft gestützt. Erdenfern antworten hier die Streicher, erhabener als zuvor breitet sich das erste Thema aus, bis es in einem prachtvollen Beckenschlag gipfelt. Die Hörner besitzen bei der Erinnerung an das Kopfthema einen ausgesprochen milden Ton. Das Scherzo wirkt bei Eliahu Inbal zwar spukhaft, aber keineswegs gehetzt. Das Trompetensignal als Begleitung zu den markanten Violinrhythmen besitzt Biss und Zugkraft, flüchtige Tanzklänge kennzeichnen das Jagen. Die Scherzo-Jagd hallt in der  Pauke weiter. Eine energiegeladene Abwandlung des Kopfthemas als geballtes Hauptmotiv besticht dann im feurig musizierten Finale. Kühnste Bewährungsproben beherrschen die Motivteile  und -abwandlungen, das zweite Thema der Streicher charakterisiert einen Choral. Dramatisch wird dann die Durchführung gestaltet, die von der Wucht des Kopfsatzes geprägt wird. Eliahu Inbal gehörte zu den ersten Dirigenten, die die achte Sinfonie in c-Moll von Bruckner in der Fassung von 1887 im Konzertsaal bekannt machten. Der riesig geweitete formale Aufbau kommt auch in der subtilen Wiedergabe mit dem SWR Symphonieorchester unter Inbal gut zum Vorschein. Aus wesenlosem Dunkel heben im ersten Satz, Allegro moderato, die tiefen Streicher das düster-drängende Hauptthema in die Höhe. Seine wuchtige Pracht entfaltet sich im Fünfer-Rhythmus, der auch das zweite Thema beschwörend beschreibt. Neben der Sehnsuchtsmelodie der Geigen  fesselt die lichte Trostverheißung der Holzbläser. Sein Rhythmus treibt dabei das dritte Thema voran, dessen facettenreiche Triolen-Begleitung überrascht. Dort hat der gewaltige Dur-Höhepunkt am Schluss des ersten Satzes nicht jene niederschmetternd-tragische Gewalt der Fassung von 1890. Der Durchbruch nach C-Dur klingt hier ungeheuer triumphal. Ein bissiger Ton beherrscht dann das Scherzo, Allegro moderato. Laut Bruckner spielt es auf den „deutschen Michel“ an“. Der Rhythmus erweist sich auch bei dieser forschen Wiedergabe als wichtigste Kraft. Er setzt im dritten Takt des Themas ein. Träumerisch-innige Klänge sorgen für kurze Ruhepausen. Der stockende Pulsschlag des „Adagio“ wird von Inbal dann genau getroffen. Der Gesang schwingt sich auf zu einem mächtigen Glanz. Zweimal strahlt diese ergreifende Vision auf und verblasst in wogenden Harfenklängen. Der Tubenchoral wirkt ausgesprochen  mystisch und bewegend. Der hart klopfende Rhythmus des Finales lässt die Blechbläser mit dem majestätischen Hauptthema triumphieren. In Fortspinnungen, Nachsätzen und Fanfaren werden ungeheure Energien beschworen, wobei Eliahu Inbal manchmal fast zu rasche Tempi wählt. Trotzdem begeistert gerade in diesem Finale der überaus weiträumige Streichergesang des zweiten Themas, wo die Stimmen der Seele zu Wort kommen.  Mit rüstigem Schritt dringt hier das dritte Thema zur energischen Entscheidung. Nach dem Choral fasziniert die grandios gestaltete Durchführung mit ihrem mächtigen Ringen. Verwegenste Künste des Kontrapunkts gipfeln in allen Energien der Finalthemen. In Trompeten und Posaunen ertönt das Kopfthema der Widersacher. Die Siegeshymne der Coda wirkt bei Eliahu Inbal nicht aufgesetzt, sondern gelingt hervorragend mit zupackender Emphase und glühender Intensität. Zwei sehr empfehlenswerte Aufnahmen, die aus den Jahren 2013 und 2015 aus der Liederhalle in Stuttgart stammen.  

Alexander Walther

 

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