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„Candide“ & die „West Side Story“: Bernstein-Musicals in Wien, überkandidelt oder in Tiefschwarz getaucht

02.02.2024 | Operette/Musical

„Candide“ & die „West Side Story“: Bernstein-Musicals in Wien, überkandidelt oder in Tiefschwarz getaucht

Leonard Bernsteins gloriose Jahre liegen nun auch bereits einige Jahrzehnte zurück. Wunderkind am Klavier, gefeierter Magier am Dirigentenpult nicht nur der Wiener Philharmoniker … und als Komponist hat er so gar nicht wenige an den höchst ausdrucksstarken, eindrucksvollen Melodien aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hinterlassen. Abgestimmt oder nicht, die Volksoper wie das Musiktheater an der Wien studierten zeitgleich zwei seiner Bühnenwerke aus den 50er Jahren ein, seiner kompositorisch am weitaus fruchtbarsten Periode.

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„Candide“ (Copyright Werner Kmetitsch)

Der Start am Broadway der wundersamen Reise des Candide“, 1956, ist nicht so ganz richtig geglückt. Philosoph Voltaires Skeptizismus-Satire am Schopf gepackt, mit Ironie vollgestopft ins New Yorker Martin Beck Theatre versetzt – da hat es doch auch in den USA mehrere Anpassungsversuche an das Publikum geben müssen. Wiens Musical-Apostel Marcel Prawy präsentierte das Werk hierzulande 1963 mit beschränktem Erfolg. Doch nun im Museumsquartier auf einer Guckkastenbühne in den buntesten Farben und überkandidelt von Lydia Steiner in Szene gesetzt, gut gesungen, vom Rundfunkorchester unter Marin Alsop mit Kick versetzt …. dies ist eine Produktion gewesen, welche den hoch dotierten doch nicht immer allzu geschätzten Vereinigten Bühnen Wien – wohl von viel Selbstlob getragen – gut tut. Gewesen? Ja, Staggione, neun Aufführungen und bereits wieder entschwebt.

 

West Side Story“ (1957), schwarz, schwarz, auf schwarzer glanzlosen Spielfläche, wird in der Wiener Volksoper wohl auf ein längeres Bühnenleben hoffen dürfen. Ebenfalls kraftvoll aufgespielt (Ben Glassberg, jung & frisch als Orchesterchef), gesanglich stilvoll interpretiert (Tony und Maria: Anton Zetterholm, Gaye Simmons), vom Ensemble sehr, sehr expresssiv dargestellt. Lotte de Beer zeigt in ihrer Inszenierung eine schwer aggressive Society. Hat gewagt, die in den vitalsten Farben schillernden Bernstein-Melodien in eine szenische Düsternis zu tauchen – atmosphärische Kälte ist anstatt Poesie gegeben, passt durchaus zum tragischen zweiten Teil. So oder so, das Markenzeichen Musikgenie ist an Leonard Bernstein fix vergeben.  

Meinhard Rüdenauer

 

 

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