BUENOS AIRES/Teatro Colón: UN BALLO EN MASCHERA – Premiere am 28. November 2024
Stilvoller Verdi
PRENSA TEATRO COLON / LUCIA RIVERO
Was für ein Hochgefühl, nach einigen Jahren einmal wieder im altehrwürdigen Teatro Colón, einem wahren Tempel der Oper, eine Aufführung erleben zu können. Es war der jedes Mal ganz besondere Abend des Gran Abano, einer Premiere also. Dieses Mal war es „Un ballo en Maschera“ von Giuseppe Verdi in der Regie und Choreografie von Rita Cosentino. Am Pult des Orquesta Estable del Teatro Colón stand die Italienerin Beatrice Venezi.
In den Bühnenbildern von Enrique Bordolini und den bestens und geschmackvoll darauf abgestimmten Kostümen in zeitgenössischem Design von Stella Maris Müller entwickelte sich das Drama um Riccardo, Amelia und Renato mit einer intensiven und zielführenden Personenregie sowie in überzeugender Konsequenz. Bereits im ersten Bild ist auf dem Portal zu Riccardos elegantem Konferenzsaal ein in großen in schwarzen Lettern geschmiertes „Muerte“ zu sehen, welches allerdings schnell weggewischt wird. Damit ist der fatale Schatten, der über dem ganzen Stück liegt, gleich zu Beginn eindeutig manifestiert. Es ist auch die US-Flagge zu sehen und damit Riccardo als Gouverneur von Boston charakterisiert.
Im Prinzip ist in der Beleuchtung von José Luis Fioruccio ein dunkel gehaltenes Bühnenbild zu sehen, welches aus hohen klassizistischen Zimmerwänden besteht, die über die verschiedenen Bilder jeweils szenengerecht versetzt werden. Somit ist es gewissermaßen ein flexibles Einheitsbühnenbild. Blau- und Grautöne herrschen vor, einmal auch ein Feuerrot, sodass die dunkle Thematik, die schließlich zum Mord an Riccardo führt, stets auch visuell präsent ist.
Besonders phantasievoll waren Kostümierung und die vielseitige Choreografie des Maskenballs im letzten Bild mit einer Vielzahl von Masken aus der Tier- und Phantasiewelt. Sehr spannungsgeladen geriet die Szene des Triumvirats aus Renato, Samuel und Tom und der später hinzutretenden Amelia bei der Los-Ermittlung des Mörders von Riccardo.
PRENSA TEATRO COLÓN / ARNALDO COLOMBAROLI
Ramón Vargas sang und spielte Riccardo. Er begann mit seinem sicher und stabil geführten sowie höhensicheren Tenor etwas verhalten, blühte dann im 3. Akt aber vokal richtig auf. Hier hatte sein Tenor dann auch die gewünschte Resonanz. Sein langes Duett mit Alessandra Di Giorgio als Amelia wurde auch emotional zu einem der Höhepunkte des Abends, auch wenn ihr bei einem klangvollen Sopran etwas die Zärtlichkeit der Amelia als die Riccardo heimlich liebende Ehefrau Renatos fehlt. Darstellerisch machte sie ihr Sache sehr gut. Germán Alcántara wurde als Renato über den Abend zum überzeugendsten Sänger unter den drei Protagonisten. Sein warm timbrierter klangvoller Bariton weist große Flexibilität und Phrasierungskunst auf und verfügt auch über die erforderliche Dramatik, die diese Rolle gegen Ende mit sich bringt. Hinzu kam seine intensive Darstellung des durch starke emotionale Stadien gehenden Freundes Riccardos, der dennoch sein Mörder werden sollte.
PRENSA TEATRO COLON / LUCIA RIVERO
Guadalupe Barrientos gab eine persönlichkeitsstarke Ulrica mit kraftvollen Mezzo. Sie wurde nach ihrem Akt vor dem Vorhang besonders intensiv gefeiert. Oriana Favoro sang und spielte einen guten und agilen Oscar. Fernando Radó als Samuel und Lucas Devebec Mayer als Tom waren stimmlich und darstellerisch starke Komplizen Renatos.
Der von Miguel Martínez einstudierte Coro Estable del Teatro Colón agierte ausgezeichnet, sang kraftvoll und differenziert. Beatrice Venezi dirigierte das Orquesta Estable del Teatro Colón mit viel Feingefühl für die Partitur Verdis, lies es aber in den entsprechenden Momenten etwas an Dramatik missen. Hier und da hätte eine etwas dramatischere Stabführung durchaus zu einer auch musikalischen Intensivierung des Geschehens auf der Bühne beigetragen.
Klaus Billand