BUDAPEST/ Frühlingsfestival: CHINA SCHWERPUNKT am 17.,18. und 19.4.2016
Das renommierte Budapester Frühlingsfestival setzte heuer in seiner 16.Ausgabe (vom 8.-24.April) auch einen kleinen chinesischen Schwerpunkt.
Chuan Ju Oper .
Den Auftakt machte Li Yaxian, eine Art chinesischer Kameliendamen-Geschichte, in der Version der Chuan Ju Oper (einer Untergattung der Peking-Oper) mit der faszinierenden Shen Tiemei in der Hauptrolle.
Moon Opera
Es folgte eine Produktion namens Moon Opera, bei der es sich – anders als der Titel vermuten ließe – zwar um kein Musiktheaterwerk, sondern um eine zeitgenössische Tanzproduktion handelte. In ihrem Mittelpunkt stand allerdings die Protagonistin einer bekannten Peking-Oper.
Den unbestreitbaren Höhepunkt bildete aber natürlich das Gastspiel der Chinesischen Nationaloper Peking mit Puccinis Turandot.
Das versprach auf den ersten Blick mehr „Echtheit“ als sonst. Wobei eine solche Erwartungshaltung eigentlich absurd und paradox ist: denn nicht nur basiert das Stück des Italieners Gozzi auf einer Vorlage aus den in Bagdad angesiedelten Geschichten aus 1001 Nacht, sondern war Giacomo Puccini bekanntlich auch nie in seinem Leben im Reich der Mitte. Warum sollte also eine Truppe aus dem heutigen Peking den Fieberträumen-Chinoiserien eines dekadenten Westlers besondere Authentizität verleihen?
Berechtigte Einwände, in diesem Fall ging sich aber alles aus. Es gab sehr geschmackvolle, auf die Vebotene Stadt bezugnehmende, aber sie nicht blindlings imitierende Bühnenbilder und wunderschöne, üppige, aber weitgehendst kitschfreie Kostüme. Hier zahlte sich die Vertrautheit mit dem angeblichen „Originalschauplatz“ also schon einmal aus.
Weiters wurde unter der Leitung der jungen Dirigentin(!) Zhu Man auf allerhöchstem Niveau musiziert.
Wang Wei als Turandot. Copyright: Zsofia Palyi
An vorderster Stelle zu nennen selbstverständlich Wang Wei als Prinzessin des Eises und des Todes, die nicht nur stimmlich, sondern auch – mit minimalen gestischen und mimischen Mitteln – darstellerisch zu überzeugen vermochte.
Ihre Gegenspielerin Liu (Yan Hong) sang zwar ebenfalls einfühlsam und innig, aber aus unerfindlichen Gründen nie zu Turandot oder Calaf, sondern immer nur starren Blicks zur Dirigentin, was ihre Performance dann doch etwas schmälerte.
Calaf (Li Shuang) wiederum war zwar ein unglaublich höhensicher (wenn auch meistens auf höchster Lautstärke eingestellter) Tenor, aber, obwohl sehr jung – fast so wie der späte Pavarotti – offenbar zu keinerlei Bewegungen (weder mit dem Körper noch mit dem Gesicht) fähig.
Insofern schossen den Vogel dann doch vielleicht die drei Darsteller von Ping, Pang und Pong(Geng Zhe, Li Xiang und Liu Yiran) ab, die in jedem Augenblick Menschen aus Fleisch und Blut, mit Herz, Hirn u n d Kehlkopf auf die Bühne stellten.
Das Publikum in Budapest war jedenfalls restlos begeistert und bereitete den chinesischen Gästen einen überwältigenden Triumph.
Robert Quitta, Budapest