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BUDAPEST/Staatsoper: DER WIDERSPENSTIGEN ZÄHMUNG – unterhaltsames Shakespeare-Ballett zur Saisoneröffnung

05.09.2022 | Ballett/Performance

03.09.2022: „DER WIDERSPENSTIGEN ZÄHMUNG“ – unterhaltsames Shakespeare-Ballett zur Saisoneröffnung

Der berühmte ungarische Choreograf László Seregi (1929 – 2012) wird anlässlich seines Todes vor 10 Jahren mit zwei seiner bekanntesten Werke gewürdigt: stand vor dem Sommer „Romeo und Julia“ auf dem Programm des Ungarischen Nationalballetts (Ballettdirektor: Tamás Solymosi), so wird die aktuelle Spielzeit in der im März nach mehrjähriger Generalsanierung und originalgetreuer Restaurierung wieder eröffneten Ungarischen Staatsoper mit Seregis Version von „Der Widerspenstigen Zähmung“ eröffnet. Als Teil von seinem Shakespeare-Zyklus, zu dem als drittes Stück noch „Ein Sommernachtstraum“ gehört, ist „A Makrancos Kata“, wie das 1994 entstandene Ballett im ungarischen Original heißt, ganz im damaligen Kolorit der Renaissance angesiedelt: farbenprächtige Kostüme von Nelly Vágó und eine üppige Ausstattung von Attila Csikós bringen die lebhafte Handlung gekonnt auf die Bühne. Die schwungvolle Musik stammt aus Werken von Károly Goldmark und wirkt in der Bearbeitung von Frigyes Hidas wie aus einem Guss speziell für dieses Handlungsballett komponiert. László Seregi ist es hier wieder gelungen, die Erzählung des Geschehens wunderbar in die Sprache des Tanzes zu übersetzen. Neben klassischem Tanz mit vielen Hebefiguren bei den beiden Hauptpaaren lassen vor allem viele Elemente aus dem Folk Dance das bunte und deftige Treiben in den temporeichen Ensembleszenen besonders gut zur Geltung kommen.

Die Geschichte von der kratzbürstigen älteren Schwester, die zuerst verheiratet werden muss, bevor die sanftmütige jüngere unter die Haube kommen kann, gibt es nicht nur als berühmtes Musical „Kiss me, Kate“ von Cole Porter, sondern u.a. auch in der bekannten Fassung von John Cranko als beliebtes Ballett.

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Im Geschlechterkampf bevor die Liebe siegt: Gergely  Leblanc (Petruchio) mit Jessica Carulla Leon (Kate). ©Péter Rákossy / Hungarian State Opera

Während der Edelmann Petruchio die widerspenstige Katharine „zähmt“ und sie einander schließlich in tiefer Liebe zugetan sind, werden letztlich auch Lucentio und Bianca miteinander vermählt. Seregi setzt sein zweiaktiges Stück in eine Rahmenhandlung mit Prolog und Epilog: die Figuren erwachen nach und nach zum Leben, die aus der Feder des Dichters entspringen, der in einer Taverne sitzt und Seite um Seite füllt. So schließt sich der Bogen am Ende, wenn das Werk vollendet ist – und sich Petruchio als Verfasser zu erkennen gibt.

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Liebesglück bei der sanften Bianca (Lili Felméry) und ihrem edlen Harfenlehrer Lucentio (Dmitry Timofeev). ©Péter Rákossy / Hungarian State Opera

Mit viel Charme sowie einer großen Portion Machismo erringt der virile Gergely  Leblanc als Petruchio das Herz der eigensinnigen Katherine – lässt doch die Liebe jeglichen Widerstand schmelzen, wie von Jessica Carulla Leon überzeugend dargestellt wird. Die beiden interagieren bestens miteinander und sorgen für dramatische Emotionen bis zum glücklichen Happy-End. Als liebliche Bianca gefällt Lili Felméry, ihr eleganter Galan ist bei Dmitry Timofeev in den besten Händen. Für komödiantischen Slapstick sorgen Mikalai Radziush und Alekszandr Komarov (Gast) als die beiden Verehrer Hortensio und Gremio. Balázs Majoros ist als Grumio ein treuer Diener seines Herrn Petruchio, Gábor Szigeti gibt den fast verzweifelnden Vater Baptista.

Traditioneller Weise wird in allen Theatern zu Saisonbeginn zunächst die ungarische Hymne gespielt, bevor sich der Vorhang zur eigentlichen Aufführung öffnet.

Das Corps de ballet tanzt mit viel Esprit, das animiert spielende Orchester steht unter der Leitung von Szennai Kálmán. Viel begeisterter und langanhaltender Applaus!

Ira Werbowsky

 

 

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