Opernrarität in Budapest: „Die Rheinnixen“ von Jacques Offenbach (Premiere: 24. 2. 2018)
Das Erkel-Theater in Budapest brachte am 24. Februar 2018 mit der Premiere der Oper „Die Rheinnixen“ von Jacques Offenbach (1819 – 1880) eine echte Opern-Sensation zustande. Das romantische Werk in vier Akten, dessen Uraufführung am 4. Februar 1864 am Wiener Hofoperntheater stattfand, geriet in Vergessenheit, obwohl es mit herrlichen Melodien aufwartete, wie beispielsweise mit dem Elfenlied, das später als Barcarole in Hoffmanns Erzählungen Berühmtheit erlangte.
Der Inhalt der Oper, deren Libretto von Charles Louis Etienne Truinet Nuitter stammt (deutsche Fassung: Alfred von Wolzogen) und die in Budapest in deutscher Sprache mit englischen und ungarischen Untertiteln aufgeführt wurde: In Deutschland tobt ein Krieg unter den Kleinstaaten und Fürstentümern. Die Landgrafen von Hessen und Trier haben sich gegen den Grafen Franz von Sickingen verbündet, dessen Burg von den Pfälzischen Landsknechten unter der Führung von Conrad von Wenckheim eingenommen werden soll. Franz Waldung, der Hauptmann der Wenckheimschen Truppe, leidet seit einer Kriegsverletzung am Kopf an einer Amnesie. Erst als Landsknechte seine Jugendliebe Armgard drangsalieren und sie zur Unterhaltung der Soldaten singen muss und dabei scheinbar tot zusammenbricht, erwacht er aus seinem Trauma.
In den folgenden nächtlichen Ereignissen vermischen sich Traum und Realität. Wenckheim lässt seine Soldaten zur Sickingschen Burg vorrücken, doch der Sickingen treu ergebene Jäger Gottfried führt den Trupp zum Elfenstein, wo die Soldaten dem Zauber der elfischen Gesänge erliegen sollen. Armgard, die nur in Ohnmacht gefallen war, mischt sich unter die Elfen, um Franz zu retten. Ihre Mutter Hedwig will sich an Conrad von Wenckheim rächen, der sie vor vielen Jahren durch eine vorgetäuschte Eheschließung betrog und der Vater ihrer Tochter ist. Aber auch Conrad kommt durch die seelischen Erschütterungen wieder zu Verstand und schwört dem Kriegshandwerk ab.
Regisseur Ferenc Anger versuchte die kriegerische Handlung der Oper durch Ironie zu entschärfen und ließ die Soldaten mit Steinschleudern Krieg führen. Dazu spielten im Hintergrund erst Frauen Federball, dann sogar Soldaten, die vorher mit Vergewaltigungsversuchen ihr Kriegshandwerk untermalten. All das wirkte auf das Publikum nicht ironisch, sondern lächerlich!
Für die weit besser gelungene Bühnengestaltung zeichnete Éva Szendrényi, für die gelungenen Kostüme Gergely z Zöldy verantwortlich. Die kreative Choreographie stammte von Marianna Venekei.
Sehr gut konnte das Sängerensemble des Erkel-Theaters gefallen. Als Conrad von Wenckheim agierte der Bariton Csaba Szegedi anfangs sehr kriegerisch, am Schluss versöhnlich, stimmlich stets überzeugend. Der Tenor Boldizsár László schien in der Rolle des Franz Waldung zu Beginn ein wenig unsicher oder nervös, später jedoch auch stimmlich hervorragend. Ebenso der Bassbariton István Kovács als Jäger Gottfried, der mit seiner sonoren Stimme zu überzeugen wusste.
Schauspielerisch wie auch stimmlich gestalteten die Mezzosopranistin Andrea Ulbrich als Hedwig ihre Mutterrolle und die zart wirkende Sopranistin Bori Keszei die Rolle der Armgard auf exzellente Weise. Stimmkräftig agierte der Chor (Leitung: Gábor Csiki).
Copyright: Peter Rákossy
Dem Ungarischen Staatsopernorchester gelang es unter der Leitung von Gergely Kesselyák, die romantische Partitur des Komponisten in allen Nuancen wiederzugeben, wobei sich die Klänge der Barcarole wie ein roter Faden durch das musikalische Meisterwerk zogen. Das begeisterte Publikum belohnte das Sängerensemble, den Chor sowie das Orchester und den Dirigenten mit nicht enden wollendem Beifall, der allerdings am Schluss von vielen Buh-Rufen für das Regieteam übertönt wurde, wobei meines Erachtens vor allem der Regisseur gemeint war.
Udo Pacolt