Der Kölner Dom in Fotografien aus 170 Jahren
Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger
Prof. Dr. Barbara Schock-Werner und Peter Füssenich stellen ihr Dom Buch. Die Kölner Kathedrale in der- -seit 1850. Foto: Andrea-Matzker
Die ehemalige Kölner Dombaumeisterin Prof. Dr. Barbara Schock-Werner, Nummer 17 in der Reihenfolge, und der amtierende Kölner Dombaumeister Peter Füssenich, Nummer 19, haben lange gebraucht, um aus dem reichhaltigen Material verschiedenster Archive 400 denkwürdige fotografische Motive herauszusuchen, und aus denen wiederum diejenigen herauszukristallisieren, die letztendlich in das herrliche Dom-Buch gelangten. Wer die Wahl hat, hat die Qual! Jedes einzelne der liebevoll zusammengestellten Fotos hat eine eigene Geschichte und meistens auch eine ganz besondere Anekdote zu berichten. Alles in allem erhellt der informative Band jedes sonst womöglich nur fragmentarische oder aber auch umfangreiche Wissen über den Kölner Dom in jeder Hinsicht.
In den 170 Jahren der Dom-Fotografie entstanden bedeutende Fotos zum Aufbau und zur Architektur der Kathedrale, Kriegsfotos, Nachkriegsfotos, Aufnahmen vom Wiederaufbau und den verschiedenen anschließenden Entwürfen zum Vorplatz und dem Domquartier. Selbst für die beiden Experten der Materie gab es viele neue Dinge zu entdecken, was den Dom selbst, aber auch seine Umgebung anbelangt. In der Karl Rahner Akademie von Köln, in der das neue Buch vorgestellt wurde, erläuterte Peter Füssenich die große Bedeutung der Fotografie, nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der Gegenwart. Denn inzwischen wird jeder Schritt, der in der Dombauhütte vorgenommen wird, vorher, während der Arbeiten und anschließend, fotografisch festgehalten und geht so automatisch in die Archive des Domes ein.
Prof. Dr. Barbara Schock-Werner und Peter Füssenich stellen ihr Dom Buch. Die Kölner Kathedrale in der- -seit 1850. Foto: Andrea-Matzker
Das Buch mit dem Titel „Der Dom: Die Kölner Kathedrale in der Fotografie seit 1850“ beginnt mit der Domvollendung im 19. Jahrhundert, zeigt die Entwicklung der Westfassade, hält die Zerstörung und den Wiederaufbau fest, bietet eine Domumrundung und endet schließlich im Innenraum. Die diversen Momentaufnahmen zeigen verschiedenste Aspekte der Geschichte des Dombaus, wie zum Beispiel die verschiedenen Bauphasen, den ältesten Baukran, die Geschwindigkeit der Entwicklung der Bauarbeiten, das direkte Umfeld des Domes und viele weitere Aspekte, die ansonsten eher unbeachtet bleiben. Unglaublich, mit welcher fotografischen Präzision die Aufnahmen vor langer Zeit entstanden, vor allem wenn man bedenkt, wie kompliziert es damals noch war, derartige Fotografien zu machen. Die Positionen zu erreichen, war sehr schwierig, in den meisten Fällen waren es wahrscheinlich andere Kirchtürme der Stadt, und die Ausrüstung war extrem umfangreich und sehr schwer.
Durch die intensive Beschäftigung mit den Fotos lernten die beiden Autoren auch die persönlichen Eigenheiten der Fotografen kennen. So stellte zum Beispiel Anselm Schmitz immer gerne ein menschliches Wesen in seine Fotos, damit der Betrachter die Portionen besser überblicken und verstehen konnte. Schmitz zeigt unter anderem das komplizierte Holzgerüst, dessen Abbau allein schon zwei Jahre dauerte, und das viele Architekten und Gerüstbauer Amerikas dazu brachte, nach Köln zu reisen, um diese Technik zum Aufbau ihrer Wolkenkratzer zu erlernen. Die Fotografin Ruth Hallersleben, die damals ein Atelier im Hansahochhaus betrieb, beleuchtete die Arbeiten des Aufräumens und Wiederaufbaus nach dem Krieg, wobei man Loren und Gleise, selbst im Dom-Inneren, benutzte. Auf einem anderen ihrer Bilder sah man zum Beispiel, dass der Vierungsturm noch komplett erhalten war. Dieses Foto fand sich erst nach langem Suchen im Ruhrarchiv von Essen.
Prof. Dr. Barbara Schock-Werner und Peter Füssenich stellen ihr Dom Buch. Die Kölner Kathedrale in der- -seit 1850. Foto: Andrea-Matzker
Unter den Fotos gibt es auch sehr ausgefallene Aufnahmen, wie zum Beispiel ein Foto von Theodor Creifelds aus dem Jahre 1863, wo der Dom „ohne Türme“ erscheint. Wenn man aber genau hinschaut, kann man sie erkennen. Auch ein Bild des Südportals von August Sander aus dem Jahre 1938 enthält geschichtliche Informationen. Durch das Schild „7 Kraftdroschken“ zeigt das Foto den damaligen Taxi-Standplatz am Dom an. Auf einem Foto von Karl Hugo Schmölz aus dem Jahre 1938 steht der Brunnen „Drüje Pitter“ (der von den Kölnern als „Trockener Peter“ bezeichnete Petrusbrunnen) an seinem Originalstandort und zeigt die grüne Ostseite des Domes, die bald wieder neu erblühen wird, denn zur Zeit wird der Domfriedhof wieder neu aufgeforstet. Auf einem Foto von Wolfgang Meier, dass vor 1986 entstand, sieht man noch den Dom-Bunker, von dem heute nur noch ein runder Kreis im Fußboden übrig ist. Ein Bild von Matz und Schenk, das wiederum vor dem Jahr 2002 entstand, zeigt die inzwischen verschwundene und damals sehr beliebte „Rievkoochebud“ („Reibenkuchenbude“) und das immer noch und hoffentlich immer weiter existierende Geschäft von Foto Lambertin direkt am Dom.
Prof. Dr. Barbara Schock-Werner und Peter Füssenich stellen ihr Dom Buch. Die Kölner Kathedrale in der- -seit 1850. Foto: Andrea-Matzker
Der Vortrag zur Vorstellung des Buches wurde mit einem Foto von Florian Monheim aus der Jahre 1997 beendet, das den „Decke Pitter“ (den „Dicken Peter“, wie die Kölner ihre größte Glocke nennen) zeigt, im Hinblick auf das große Jubiläum, dass am 5. Mai 2023 zum 100. Geburtstag der bedeutenden Glocke gefeiert wird. Aus diesem Anlass findet vom 4. bis zum 7. Mai 2023 der 4. Europäische Glockentag mit Gottesdiensten, Vorträgen, Ausstellungen, Konzerten und vielem mehr in Köln statt, darunter am 5. Mai um 20:00 Uhr ein Glockenkonzert im Kölner Dom bzw. vor dem Kölner Dom. Um ca. 21:00 Uhr wird anschließend so ein ganz besonderes Schauspiel geboten. Die Firma Hermann Schmitt aus Brockscheid in der Eifel veranstaltet den öffentlichen Glockenguss einer Glocke von 50 kg auf dem Roncalliplatz. Am Nachmittag des 6. Mai wird die Glocke freigelegt, gereinigt und geprüft, bevor sie dann voraussichtlich anschließend in der Elendskirche der Altstadt zu hören sein wird. Als Geburtstagsgeschenk erhält der „Decke Pitter“ eine zwölfte Glocke, nämlich die sogenannte „Kleine Clara-Glocke“, die schon einmal im Kölner Dom läutete und als Gefahrenglocke diente. Sie ist 400 Jahre alt, hat einen Durchmesser von 48 cm und wiegt 70 Kilogramm. Am Sonntag, dem 7. Mai 2023, findet ein Hochamt um 10:00 Uhr im Kölner Dom statt, und mit einem Konzert für Orgel und Glocken um 20:00 Uhr in Sankt Kunibert findet der 4. Europäische Glockentag 2023 seinen Ausklang.