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BRNO/Brünn/ Narodni divadlo: JAKOBIN von Antonin Dvorak

14.04.2025 | Oper international

13.04. 2025 – Narodni divadlo Brno: „JAKOBIN“

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Copyright: Narodni divadlo Brno

 Wer hinter dem grimmigen Titel „Der Jakobiner“ eine blutige Revolutionsgeschichte erwartet, der irrt!  Der titelgebende „Jakobiner“ – Bohus von Harasov – war zwar in Paris gewesen und brachte von dort seine Frau Julie mit, wäre aber selbst von den Revolutionären hingerichtet worden, wie im dritten Akt enthüllt wird! Alles war nur eine Intrige von Adolf, dem Neffen des alten Grafen, der selbst statt des Grafen Sohn die Nachfolge als Schloßherr antreten wollte. Die wird  aber aufgedeckt, und auch der einzige Unterstützer des bösen Adolf, der Burgvogt Philipp, zieht den Kürzeren im Werben um Terinka, die Tochter des Lehrers Benda, die mit dem von ihr verehrten Jäger Jiri vereint wird. „Stimungsvolle Dorfszenen zur Zeit der Aufklärung in Böhmen“ könnte man das Stück auch überschreiben, das von herrlichen Melodien aus der Feder von Antonin Dvorak – mein tschechischer Lieblingskomponist, nicht nur, weil er einer der ersten fanatischen Eisenbahnfans in Kontinentaleuropa gewesen ist – quasi überquillt.

     Nachdem ich vor fünf Jahren eine wunderschöne Produktion seiner siebenten, 1889 in Prag uraufgeführten  Oper, in Liberec ( Reichenberg) gesehen hatte, hat auch Martin Glaser hier am Janacek-Theater in Brünn die Geschichte in stilisierten , farbenfrohen Bühnenbildern (Pavel Borak) und Kostümen (David Janosek)geschickt erzählt, ohne die eher „einfache“ Handlung künstlich zu dramatisieren oder „aktuell zu deuten“ – dafür gehört man heute schon vor den Vorhang!  In welchen Zeiten leben wir eigentlich… So blieb das Hauptaugenmerk auf der musikalischen Seite, beziehungsweise wurde die durch das Bühnengeschehen mustergültig unterstützt!

     Jakub Klecker breitete mit dem  Orchester des NdB einen wunderbaren Klangteppich aus, ließ es manchmal auch richtig tuschen und der Chor des NdB sprühte vor sichtbarer Spielfreude. Ganz hervorragend auch der Kinderchor des NdB wo die jungen Sänger präzise und kräftig schöne Stimmen hören ließen. Der  ( Bühnen – ) Leiter des Ensembles , der schrullige und auch sehr strenge Lehrer Benda, erfuhr durch Petr Levicek eine ausfgezeichnete Interpretation mit kräftigem, gut geführten Tenor. Dvorak hat mit dieser Partie dem Kantor Anton Liehman aus Zlonice ein Denkmal gesetzt, bei dem er als Kind das Klavier- und Orgelspiel erlernte. Die Tochter Bendas , Terinka, wurde von Lucie Kankova bezaubernd dargestellt und mit hell leuchtendem, leichten Sopran bis auf minimale Abweichungen bei den Spitzentönen auch fabelhaft auf Linie gesungen. Kein Wunder, daß der Burgvogt, dem Jan Stava seinen prächtigen, gut fokussierten Baß lieh, auf dieses attraktive Mädchen ein Auge geworfen hat – er gegen den Jäger Jiri aber den Kürzeren zieht. Mit virilem Tenor, bombensicherer Stimmführung  und vollem Engagement warf sich der Routinier Ales Briscein in die Rolle des jugendlichen Liebhabers, der viel zu singen hat. Trotzdem die Rolle quantitav kürzer ist, hatte Dvorak jedoch dem „Jakobiner“  Bohus von Harasov die schönsten Kantilenen geschrieben – etwa im zweiten Akt „My cizinou – Jen ve zpevu!“. Mit Roman Hoza gibt es wieder einen exzellenten Bariton, der seinen balsamischen Bariton strömen ließ, technisch ausgefeilt differenzierte Gesangslinie anbot und auch als Darsteller gefallen konnte. Den bereits auch an der „Deutschen Oper am Rhein“ engagierten Künstler – am Tag zuvor sang er in Duisburg den „Don Giovanni“- sollte man „am Radar“ behalten. Pikanterweise sang sein jüngerer Bruder Tadeas Hoza seinen – ebenfalls baritonalen –  Widersacher und Bösewicht Adolf von Harasov – auch er machte seine Sacher gut. Die aus Frankreich mitgebrachte Frau Julie war bei der erfahrenen Pavla Vykopalova in guten Händen: sehr einfühlsam und geschmackvoll  setzte sie ihren angenehm timbrierten Sopran ein, umschiffte zwei, drei kleine Schwierigkeiten mit Routine und war eine gute Bühnenerscheinung. Während die verdiente Jitka Zerhauova  als Lotinka leider nur wenig beizusteuern hatte und immer noch einen profunden, intakten Mezzo hören ließ, hatte Graf Vilem zu Harasov in Gestalt von David Szendiuch mehr Möglichkerit sich im letzten Akt zu profilieren, was er mit sehr differenziertem Vortrag und klangvollem Baß auch nutzte.

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Schlussapplaus/ Foto: Michael Tanzler

      Insgesamt also eine hervorragende, zu Recht stark akklamierte Vorstellung (begann bereits um 17:00, also auch die Rückfahrt per Bahn nach Wien – 1 ½ Stunden – bequem möglich ) – Brünn war wieder einmal die Reise wert!

Michael Tanzler

 

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